Katalonien 10.10.2019

Aggression gegen Medienschaffende wächst

Demonstration in Barcelona © picture alliance/ZUMA Press

Reporter ohne Grenzen fordert ein Ende der Attacken auf Journalistinnen und Journalisten in Katalonien. Die Organisation hat in den vergangenen zwei Jahren rund 50 Angriffe auf die Pressefreiheit dokumentiert, wobei sich die Lage zuletzt deutlich zugespitzt hat. In der vergangenen Woche sorgte ein Video in Spanien für Entrüstung, auf dem zu sehen war, wie die Reporterin Laila Jiménez vom Madrider Fernsehsender Telecinco in Barcelona von katalanischen Protestierenden beschimpft und attackiert wurde. Die Demonstration fand anlässlich des zweiten Jahrestags des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 statt. Der Vorfall zeigt deutlich, wie gefährlich es ist, auf den Straßen der Region über die separatistische Bewegung zu berichten.

„Was als Kritik und Sprechchöre gegen Medien angefangen hat, ist nun in körperliche Gewalt umgeschlagen. Das ist der typische Ablauf einer Spirale des Hasses gegen Journalistinnen und Journalisten, die dringend gestoppt werden muss“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die extreme politische Polarisierung hat von der Politik auf die Medien und von den Medien auf die Zivilgesellschaft übergegriffen. Wir appellieren an die Politik, aber auch an die Medien in Spanien, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und zu deeskalieren, wo immer sie können.“

Seit den Unruhen rund um das Unabhängigkeitsreferendum im September/Oktober 2017 hat ROG rund 50 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sowie andere Verstöße gegen die Pressefreiheit registriert (die vollständige Dokumentation auf Spanisch finden Sie hier). So beschimpften separatistische Protestierende Medien aus Madrid als „manipulative spanische Presse“, bezeichneten Reporterinnen als „Schlampen“ oder kesselten Reporter ein. In einigen Fällen wurden Medienschaffende verletzt. Auf der anderen Seite attackierten spanische Nationalisten auch katalanische Medienvertreter und griffen unter anderem das Sendehaus von Catalunya Ràdio an. Zugleich ging die Polizei auf einigen Demonstrationen gewaltsam gegen Journalistinnen und Journalisten vor. Auch ausländische Medienschaffende wurden attackiert.

Am 1. Oktober wurde die Telecinco-Journalistin Laila Jiménez nach einer Gedenkkundgebung zum zweiten Jahrestag des Referendums von Protestierenden massiv bedrängt. Sie schrien ihr ins Ohr, schubsten sie, überschütteten sie mit Getränken und verfolgten sie selbst, als sie die Flucht ergriff. Zuvor hatte Jiménez ihrer Kollegin Laura Mesa von TVE Catalunya zur Seite gestanden, die während ihres Live-Berichts von einer Menschenmenge eingekesselt worden war.

Es steht zu befürchten, dass sich die Situation für Reporterinnen und Reporter auf den Straßen Kataloniens weiter zuspitzen wird, wenn das Oberste Gericht Spaniens am 16. Oktober die Urteile im Prozess gegen führende Köpfe der Unabhängigkeitsbewegung verkündet.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Spanien auf Platz 29 von 180 Ländern.



nach oben