Venezuela 12.12.2018

Deutscher Journalist zu Unrecht in Haft

Das Gefängnis Helicoide in Caracas. © picture alliance/Boris Vergara/dpa

Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die sofortige Haftentlassung des deutschen Journalisten Billy Six, der seit dem 17. November in Caracas in einem Militärgefängnis sitzt. Dem freien Mitarbeiter der rechtskonservativen Publikationen Junge Freiheit und Deutschland-Magazin wird Spionage, Rebellion und das Verletzen von Sicherheitszonen vorgeworfen. Ihm drohen bis zu 28 Jahre Haft. Six wird sowohl der Kontakt zur Außenwelt als auch ein eigener ziviler Anwalt verwehrt.

„Die hanebüchenen Vorwürfe sind ein deutliches Zeichen dafür, dass Billy Six aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit in Haft sitzt. Zudem gibt es keine Grundlage dafür, ihn als Zivilisten vor ein Militärgericht zu stellen. Das ist eine grobe Verletzung der venezolanischen Gesetze und der internationalen Verpflichtungen des Landes“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Ungeachtet seiner persönlichen Ansichten hat er wie jeder Journalist das Recht, überall frei und ohne Furcht vor Verfolgung und Inhaftierung zu berichten. Deshalb setzt sich Reporter ohne Grenzen für Billy Six ein wie für jeden Journalisten.“

Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Espacio Público wurde der 32-jährige Six am 17. November von venezolanischen Spionageabwehreinheiten im nordwestlichen Bundesstaat Falcón festgenommen, als er von Kolumbien aus ins Land einreiste. Obwohl kein Haftbefehl vorlag, wurde er in das Militärgefängnis El Helicoide am Hauptsitz des Bolivarischen Nationalen Nachrichtendienstes SEBIN gebracht.

Vorwürfe: Öffentliches Fotografieren und Gespräche mit der FARC

Six’ Eltern zufolge werden ihm drei Vergehen zur Last gelegt: Er habe bei Militärparaden anlässlich des Unabhängigkeitstages am 5. Juli 2017 und 2018 Fotos gemacht, er habe Staatspräsident Nicolás Maduro auf einer Wahlkampfveranstaltung im Mai 2018 innerhalb einer Sicherheitszone fotografiert und er habe sich mit der kolumbianischen Guerrillagruppe FARC getroffen.

Laut den Eltern waren die Gespräche mit der FARC rein journalistischer Natur, auf der Wahlkampfveranstaltung sei er hinter dem Sicherheitszaun geblieben und auf den öffentlichen Militärparaden hätten zahlreiche andere Zuschauer ebenfalls Fotos gemacht. Die venezolanischen Sicherheitsbehörden haben bislang keine Belege für ihre Anschuldigungen vorgebracht und den Fall nicht öffentlich kommentiert.

Weiter schildern die Eltern, dass ihrem Sohn jeglicher Kontakt zur Außenwelt verwehrt wird, auch zu einem Anwalt oder der deutschen Botschaft. Ehrenamtlichen Helfern in Caracas zufolge leidet er unter den äußerst unhygienischen Zuständen in der Haftanstalt.

Six berichtet seit 2017 aus der Region

Billy Six schreibt seit mehreren Jahren als freier Journalist für die rechtskonservative Wochenzeitung Junge Freiheit, für die er auch über die Wirtschaftskrise in Venezuela und die Massenflucht nach Kolumbien berichtete. Der Zeitung zufolge wurde Six im vergangenen Jahr vom Deutschland-Magazin in die Region entsandt. Das Blatt, für das Six ebenfalls regelmäßig schreibt, wird von dem rechtsradikalen Verein Die Deutschen Konservativen herausgegeben.

Six hat in den vergangenen Jahren mit problematischen Äußerungen und Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. So stellte er in einem selbst gedrehten Film den Abschuss des Fluges MH17 als Kriegsverbrechen der ukrainischen Armee dar. Auf seinem Facebook-Account bezeichnet er deutsche Medien mehrfach als „Lügenpresse“ oder „Systempresse“. Denselben Vorwurf machte er dem Recherchenetzwerk Correctiv, als er sich im August 2016 gemeinsam mit dem prorussischen britischen Blogger Graham W. Phillips Zugang zu den Redaktionsräumen verschaffte, dort filmte und Correctiv für seine mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnete Berichterstattung über MH17 kritisierte.

Ab Dezember 2012 war Billy Six einige Monate in Syrien inhaftiert. Die dortigen Behörden hatten ihm illegale Einreise und Terrorismus vorgeworfen.

Ausländische Journalisten werden in Venezuela immer wieder inhaftiert oder ausgewiesen. Präsident Maduro behauptet regelmäßig, er sei das Opfer eines „Medienkrieges“, und will so die Glaubwürdigkeit einheimischer und internationaler Kritiker untergraben. Damit verschlechtert er die vor allem seit Beginn der Wirtschaftskrise im Jahr 2016 extrem angespannte Situation für Journalisten im Land weiter.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Venezuela auf Platz 143 von 180 Staaten.



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