05.03.2014

Eingeschränkte Berichterstattung auf der Krim

© picture alliance

Reporter ohne Grenzen fordert eine ungehinderte Berichterstattung über die aktuellen politischen Ereignisse auf der Krim. Seit vermutlich pro-russische Einheiten in der vergangenen Woche die wesentlichen Machtzentren auf der Krim übernommen haben, kommt es zu Behinderungen von Journalisten. Maskierte Männer besetzten stundenlang die Räume des Zentrums für investigativen Journalismus in Simferopol. Die unabhängige Fernseh- und Radiostation Schwarzmeer TV (Tschernomorskaja Teleradiokompanija) kann sein Programm nicht mehr ausstrahlen, seither ist nur noch der staatliche Sender Krim zu empfangen. Drei russische Fernsehsender wurden von einem ukrainischen Kabelnetzbetreiber abgeschaltet.

„Sowohl Russlands Präsident Wladimir Putin als auch die ukrainische Übergangsregierung ziehen die Medien in die Machtspiele um die Krim hinein“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Gerade in dieser Krisensituation müssen Journalisten die Möglichkeit haben, uneingeschränkt und von allen Seiten über die Vorkommnisse zu informieren.“

Neben den landesweiten ukrainischen Medien ist Schwarzmeer TV einer der beiden lokalen Fernsehsender auf der Krim mit Nachrichten aus der Region. Auch kritische und anti-russische Stimmen kamen dort regelmäßig zu Wort. Seit seiner Abschaltung sendet jetzt nur noch der Sender GTRK Krim, der seit 28. Februar von russischen Soldaten kontrolliert wird. Schwarzmeer TV strahlt sein Programm weiterhin über Satellit und im Internet aus, doch die Webseite des Senders wurde wiederholt attackiert. Sie ist offenbar einem mutwilligen Angriff auf ihren Server ausgesetzt.

Am vergangenen Sonntag drangen rund 30 maskierte Männer in Uniform, die sich als Krim-Front bezeichneten, in Simferopol in die Räume des unabhängigen Zentrums für investigativen Journalismus ein und besetzten vorübergehend die Büros. Erst nach mehreren Stunden durften die Journalisten das Gebäude verlassen und einen Teil ihrer Ausrüstung mitnehmen. Das Zentrum, zu dessen Förderern die US-Entwicklungsbehörde USAID gehört, engagiert sich in der Fortbildung von unabhängigen Journalisten. Seit dem Wochenende kämpft die Agentur mit weiteren Behinderungen. Die Webseite wird attackiert, und Journalisten erhalten derzeit keinen Zugang zu politischen Sitzungen. Offenbar werden nur noch russische Medien vorgelassen.

Abgeordnete des Regionalparlaments der Krim haben ukrainischen Medien Panikmache und Verbreitung falscher Informationen vorgeworfen. Einige Delegierte haben gedroht, weitere Medien zu schließen, wenn sie voreingenommen berichteten. Man müsse die Bürger auf der Krim vor negativen Einflüssen schützen.

Journalisten behindert und geschlagen

In den vergangenen Tagen ist es auch zu Übergriffen auf Journalisten gekommen. Am Montag dieser Woche wurde Tatjana Richtun, die Chefredakteurin der Nachrichtenwebseite 911 Sewastopol, behindert, als sie in Sewastopol russische Soldaten filmte. Anschließend wurde ihre Kamera beschlagnahmt. Bereits am Samstag wurden in Simferopol zwei Kameramänner des Senders ATR geschlagen, als sie Soldaten filmten, die das Gebäude der regionalen Regierung bewachten. Auch in den Städten Donezk und Charkiw sollen Journalisten bei pro-russischen Demonstrationen angegriffen worden sein. An den Straßensperren vom Festland zur Krim, die von pro-russischen Milizen kontrolliert werden, werden Journalisten offenbar an der Einreise gehindert. Bohdan Kutjepow vom Sender Hromadske TV berichtete, er sei gemeinsam mit Kollegen von Inter-TV, CDF und France 24 an der Grenze zurückgewiesen worden. Bewaffnete Soldaten hätten gedroht zu schießen, sollten sie Fotos machen.

Vergangenen Freitag meldete das größte ukrainische Telekommunikationsunternehmen UkrTelecom massive Störungen bei Internet- und Telefonverbindungen auf der Krim-Halbinsel. Unbekannte sollen Kommunikationsknoten gekapert und Kabelverbindungen zerstört haben, so dass zeitweise keinerlei Kommunikation zwischen der Krim und der restlichen Ukraine bestand.

Auch die ukrainische Seite geht mittlerweile gegen russische Medien vor. Am (heutigen) Mittwoch schaltete der Kiewer Kabelnetzbetreiber Lanet landesweit die drei russischen Staatsfernsehsender RTR Planeta, Channel One Russia Worldwide Network und NTW Mir ab. Lanet wirft den Anstalten Propaganda und Kriegstreiberei vor.

In der  ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 148 von 180 Ländern und die Ukraine auf Platz 127. Weitere Informationen über die Lage der Medien in Russland finden Sie hier, zur Ukraine hier.


nach oben