Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die Hongkonger Behörden auf, Journalistinnen und Journalisten vor zunehmender Gewalt zu schützen. In den vergangenen zwei Monaten wurden Medienschaffende, die über die anhaltenden Proteste gegen ein Auslieferungsgesetz berichten, vor allem von der Polizei und mutmaßlich pekingtreuen Gruppen eingeschüchtert und angegriffen. Zuletzt traf die Gewalt am Wochenende fünf Reporterinnen und Reporter im Stadtteil North Point.
„Die mittlerweile systematische Gewalt soll Journalistinnen und Journalisten abschrecken, über die Proteste zu berichten“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Behörden in Hongkong müssen die Gewalt gegen Medienschaffende beenden und die brutalen Übergriffe untersuchen.“
Seit Anfang Juni kommt es in der chinesischen Sonderverwaltungszone zu massiven Demonstrationen, die sich zunächst gegen einen inzwischen auf Eis gelegten Gesetzentwurf richteten, der die Auslieferung von Verdächtigen nach Festland-China erlaubt hätte. Reporter ohne Grenzen hatte die Pläne als Gefahr für Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen kritisiert und die Regierung zusammen mit 73 weiteren NGOs aufgefordert, das Gesetz zurückzuziehen. Inzwischen haben sich die Proteste zu einer breiten Bewegung entwickelt.
Am Montag (12.08.) zeigte sich auch der Club der Auslandskorrespondenten (FCCHK) in einem Brief an Hongkongs Polizeichef Stephen Lo Wai Chung besorgt über die Eskalation der Gewalt gegen Medienschaffende. Ende Juli hatte Reporter ohne Grenzen in einem Brief an Regierungschefin Carrie Lam fünf Maßnahmen vorgeschlagen, um die Gewalt gegen Reporterinnen und Reporter zu beenden und die Pressefreiheit in Hongkong wiederherzustellen. Dazu gehört etwa, den Gesetzentwurf formell zurückzuziehen.
Bei der Einführung der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit im Jahr 2002 stand Hongkong noch auf Platz 18 von damals 139 bewerteten Ländern. In diesem Jahr erreicht es nur noch Platz 73 von 180 Staaten und Territorien. Durch den Einfluss Pekings hat sich die Lage verschlechtert. Im Oktober 2018 etwa wurde der Financial-Times-Journalist Victor Mallet ausgewiesen, nachdem er als Vizepräsident des FCCHK den Vertreter einer Partei eingeladen hatte, die sich für die Unabhängigkeit Hongkongs einsetzt. Widerstand kommt von einer Handvoll unabhängiger Online-Medien wie Citizen News, The Initium, Hong Kong Free Press und inMedia, deren Leserzahl wächst.
Reporter ohne Grenzen registrierte seit Mitte Juni Dutzende Fälle von verbalen und körperlichen Angriffen gegen Journalistinnen und Journalisten:
