Tag der Pressefreiheit 03.05.2021

Internationale Solidarität mit Maria Ressa

© picture alliance

Zum internationalen Tag der Pressefreiheit hat Reporter ohne Grenzen (RSF) gemeinsam mit einer internationalen Koalition aus mehr als 80 Menschenrechts- und Medienorganisationen eine beispiellose Solidaritätskampagne für Maria Ressa gestartet. Der preisgekrönten philippinischen Journalistin droht eine lebenslange Haftstrafe. Auf einer für die Kampagne eingerichteten Webseite werden Hunderte Videos prominenter Unterstützerinnen und Unterstützer ununterbrochen so lange zu sehen sein, bis alle Vorwürfe gegen Ressa und die von ihr gegründete Nachrichtenseite Rappler fallengelassen werden. Zudem ist die Öffentlichkeit aufgerufen, eigene Beiträge über die Webseite einzureichen, die dann der Video-Dauerschleife hinzugefügt werden.

„Seit mehreren Jahren mobilisiert Reporter ohne Grenzen, um Maria Ressa zu unterstützen. Heute rufen wir die Öffentlichkeit auf der ganzen Welt auf, sich uns anzuschließen, um die mutige Journalistin zu verteidigen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die massiven Angriffe des Duterte-Regimes gegen Maria Ressa sind nicht nur Angriffe auf den Journalismus, sondern auch auf die Demokratie.“

Unter den prominenten Unterstützerinnen und Unterstützern, die bereits Videos eingereicht haben, sind Menschenrechtsverteidiger, Journalistinnen, Künstler, Anwältinnen und Politiker aus aller Welt, darunter die südafrikanische Juristin und ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, der Nobelpreisträger für Wirtschaft, Joseph Stiglitz, der Tiananmen-Aktivist und Dissident Wu’er Kaixi, der zwischenzeitlich in Ägypten inhaftierte australische Journalist Peter Greste, der britische Historiker und Autor Timothy Garton Ash, der Channel-4-Nachrichtensprecher Jon Snow, die Guardian-Chefredakteurin Katharine Viner, der britische Abgeordnete Damian Collins, die Intendantin des Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, und der Ressortleiter im Investigativressort der Süddeutschen Zeitung, Bastian Obermayer.

Absurde Vorwürfe, drohende Haftstrafe

Gegen Ressa laufen derzeit mindestens neun Verfahren auf den Philippinen. In weniger als zwei Jahren wurden zehn Haftbefehle gegen sie ausgestellt. Die Behörden werfen ihr unter anderem Verleumdung und Steuerhinterziehung vor. Im Juni 2020 wurde die Journalistin bereits wegen eines Artikels über einen Geschäftsmann aus dem Jahr 2012 der Verleumdung für schuldig befunden. Grundlage war ein Cyberkriminalitätsgesetz, das erst nach Erscheinen des Artikels in Kraft trat. Bis zu einem Berufungsverfahren darf Ressa gegen Kaution auf freiem Fuß bleiben. Wird das Urteil nicht im Berufungsverfahren aufgehoben, drohen ihr alleine in diesem Fall sechs Jahre Gefängnis. Sollte Ressa in allen Anklagepunkten für schuldig befunden werden, droht ihr eine lebenslange Haftstrafe.

Ressa berichtete zwei Jahrzehnte lang für CNN aus Südostasien und gründete dann die mehrfach preisgekrönte Nachrichtenseite Rappler. Die Journalistin ist zu einem Symbol für den Kampf der philippinischen Medien gegen die Einschüchterungen durch Präsident Rodrigo Duterte geworden. Das Time Magazine kürte Ressa 2018 zusammen mit weiteren Journalistinnen und Journalisten zur „Person des Jahres“. In diesem Jahr erhält die Journalistin den UNESCO/Guillermo Cano World Press Freedom Prize

Die Video-Kampagne ins Leben gerufen hat die #HoldTheLine-Koalition, die sich zur Unterstützung von Ressa und unabhängigen Medien auf den Philippinen zusammengefunden hat. Sie besteht aus mehr als 80 Gruppen, angeführt von Reporter ohne Grenzen (RSF), dem Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) und dem Internationalen Zentrum für Journalisten (ICFJ). Ressa hat den Ausdruck „hold the line“ mehrfach selbst verwendet um deutlich zu machen, dass sie sich von Präsident Duterte nicht einschüchtern lässt. Die Kampagnen-Webseite wurde gemeinsam mit der französischen Werbeagentur BETC entwickelt.

Neben der Möglichkeit, eigene Videos einzureichen, können Unterstützerinnen und Unterstützer auch die #HoldTheLine-Petition unterzeichnen und teilen. In der Petition wird die philippinische Regierung aufgefordert, alle Verfahren gegen Ressa und Rappler einzustellen und die Angriffe auf unabhängige Medien im Land zu unterlassen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit stehen die Philippinen auf Platz 138 von 180 Staaten. Mindestens vier Medienschaffende wurden dort im vergangenen Jahr wegen ihrer Arbeit getötet.

„Pressefreiheit Grenzenlos“ – Neuer Podcast von Reporter ohne Grenzen

Neben der Kampagne für Ressa startet RSF zum 3. Mai weitere Projekte. Im Jahr 1993 hatte die UN-Vollversammlung den Tag auf Vorschlag der Unesco zum Internationalen Tag der Pressefreiheit erklärt. Das Datum erinnert an die Erklärung von Windhoek, die 1991 als erstes offizielles Dokument der Weltgemeinschaft die Bedeutung einer unabhängigen, pluralistischen und freien Presse für Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung festschrieb.

So veröffentlicht RSF künftig einen eigenen Podcast, um die Medienschaffenden, für die sich die Organisation einsetzt, vorzustellen. Journalistinnen und Journalisten teilen dort einmal im Monat ihre Geschichte und berichten, wie sie unter Einschränkungen der Pressefreiheit in ihrem Land gelitten haben.

Am 3. Mai veröffentlicht RSF die erste Folge: Shammi Haque, Exiljournalistin aus Bangladesch, spricht mit RSF-Geschäftsführer Christian Mihr über die Lage der Pressefreiheit in Bangladesch, aber auch über Herausforderungen für den Journalismus im digitalen Raum und die Nothilfearbeit der Organisation. In den weiteren Folgen spricht Thembi Wolf, Vorstandsmitglied bei den neuen deutsche Medienmacher*innen und Redakteurin bei Vice, mit RSF-Pressereferentin Anne Renzenbrink über die steigende Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland. Die kolumbianische Journalistin und RSF-Stipendiatin Ginna Morelo berichtet Nube Alvarez, RSF-Projektmanagerin für Lateinamerika, über die Auswirkungen paramilitärischer Gewalt auf die Pressefreiheit.

Zu hören ist die erste Folge von „Pressefreiheit Grenzenlos – Der Podcast von Reporter ohne Grenzen“ ab Montag, 3. Mai, bei Spotify, iTunes, Deezer und verschiedenen Podcast-Apps. Der Podcast wird moderiert von Nadine Kreuzahler, Kulturredakteurin beim rbb Inforadio. Produziert wird der Podcast von der Produktionsfirma „Auf die Ohren“.

Woche der Meinungsfreiheit

Reporter ohne Grenzen hat sich außerdem der „Woche der Meinungsfreiheit“ angeschlossen. Vom internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai bis zum Tag der Bücherverbrennung in Deutschland am 10. Mai organisiert ein breites gesellschaftliches Bündnis unter dem Hashtag #mehralsmeinemeinung bundesweit Online-Veranstaltungen, Aktionen und Kampagnen. Das Bündnis wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiiert und besteht aus rund 25 Organisationen und Unternehmen. Inhaltliche Basis ist die „Charta der Meinungsfreiheit“, die Bürgerinnen und Bürger unterzeichnen können.

Pressefreiheit ist auch deine Freiheit

Im Rahmen der jährlich stattfindenden Veranstaltung „Pressefreiheit ist auch deine Freiheit“ veranstalten zudem der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und seine Kooperationspartner (unter anderem Reporter ohne Grenzen) dieses Jahr eine Woche der Pressefreiheit mit digitalen Angeboten. Unter dem Motto Pressefreiheit ist #auchdeinefreiheit lädt RSF zu einem digitalen Werkstattgespräch für junge Menschen ein. Mit dabei ist eine Exiljournalistin aus dem Iran, die nun in Deutschland tätig ist und von Ihren Arbeitserfahrungen als Journalistin in beiden Ländern berichten wird.



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