China 22.04.2015

Interne Dokumente belegen verschärfte Zensur

Aus Protest gegen das Willkürurteil gegen die kritische Journalistin Gao Yu hat Reporter ohne Grenzen Auszüge aus Geheimdokumenten des chinesischen Zensurapparats veröffentlicht. Die internen Vermerke und Direktiven des staatlichen Internetinformationsamts sowie anderer chinesischer Behörden und Internetfirmen, die Reporter ohne Grenzen vorliegen, belegen, wie China Ende des vergangenen Jahres die Internetzensur verschärfte.

„Die chinesische Regierung sollte endlich begreifen, dass weder Willkürurteile noch andere Einschüchterungsmethoden kritische Stimmen zum Schweigen bringen werden“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Für jeden Medienschaffenden, den China ins Gefängnis wirft, werden umso mehr neue Journalisten oder Blogger aufstehen und aufdecken, was die Regierung verheimlichen will. Gao Yu muss sofort und bedingungslos freigelassen werden.“

Unter den Dokumenten, die ROG von einem Journalisten zugespielt wurden, sind Zensuranweisungen an Nachrichtenmedien, Vermerke der in die Zensur eingebundenen Internetfirmen und zusammenfassende Sitzungsprotokolle. Diese Papiere machen deutlich, mit wie weitreichenden Bemühungen die Kommunistische Partei versucht, die öffentliche Meinung gemäß ihrer eigenen politischen Vision zu formen. So werden Redaktionen angewiesen, Berichte  über bestimmte Themen zurückzuziehen, andere auf die Titelseiten zu heben, Überschriften zu ändern oder einzelne Themen von vornherein zu meiden.

In Kürze wird Reporter ohne Grenzen die vollständigen Papiere öffentlich machen.

Gao Yu legt Berufung gegen siebenjährige Haftstrafe ein

Gao Yu wurde am 17. April nach einem im Gefängnis erzwungenen und später widerrufenen Geständnis zu sieben Jahren Haft verurteilt, weil sie sich ein geheimes Dokument der KP verschafft und an Personen im Ausland weitergegeben habe. Dabei dürfte es sich um das sogenannte Dokument Nr. 9 handeln, das vor den Gefahren universeller Menschenrechte und eines „westlichen“ Verständnisses von Pressefreiheit für die Herrschaft der Kommunistischen Partei warnt.

Inzwischen hat Gao nach Angaben ihres Anwalts Berufung gegen das Urteil eingelegt. Ihre Familie wurde unter Überwachung der Polizei gestellt, wie Gaos Bruder dem Sender Radio Free Asia berichtete.

Derzeit sind in China mindestens 29 Journalisten sowie 73 Blogger und Bürgerjournalisten wegen ihrer Arbeit in Haft. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht das Land auf Platz 176 von 180 Staaten.  



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