Aserbaidschan
25.06.2025
Jahrelange Haft für Journalisten von Abzas Media
Sie drehten den Richtern aus Protest den Rücken zu: Am 20. Juni wurden sieben aserbaidschanische Medienschaffende zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, darunter Sevinj Vagifgizi, eine ehemalige Stipendiatin von Reporter ohne Grenzen (RSF). Ihnen wird Devisenschmuggel vorgeworfen.
„Wir kritisieren die Verurteilung von Sevinj Vagifgizi und ihrer Kollegen auf das Schärfste – und fordern ihre Freilassung“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Der Prozess soll Medienschaffende zum Schweigen bringen, die Korruption und Ungerechtigkeit aufdecken. Das Verfahren ist Teil einer seit anderthalb Jahren anhaltenden Repressionswelle, die jegliche Kritik am aserbaidschanischen Regime ersticken soll.“
Abzas Media im Visier
Die Urteile richten sich überwiegend gegen Mitarbeitende des Investigativmediums Abzas Media: Chefredakteurin Sevinj Vagifgizi, Geschäftsführer Ulvi Hasanli und der Journalist Hafis Babali erhielten neun Jahre Haft. Die Journalistinnen Nargiz Absalamova und Elnara Gasimova wurden zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Der stellvertretende Geschäftsführer Mahammad Kekalov muss für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Außerdem wurde der Journalist Farid Mehralizada vom aserbaidschanischen Dienst von Radio Free Europe / Radio Liberty (RFE/RL) zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Medienschaffenden wiesen die Anschuldigungen als unbegründet zurück und plädierten auf Freispruch.
„Was die Regierung fürchtet, ist genau das, was wir zu schützen versuchen: die Wahrheit“, wandte sich Sevinj Vagifgizi während des Prozesses an die Richter. „Ich hoffe, dass Sie eines Tages die Gefängnismauern einreißen werden, die Sie in Ihrem Inneren errichtet haben, und in die Freiheit gehen. Was uns betrifft – wir sind bereits frei."
Sevinj Vagifgizi recherchiert hauptsächlich zu Korruption im Umfeld von Präsident Ilham Alijew und unter hochrangigen Beamten. Zusammen mit Kollegen deckte sie unter anderem die Veruntreuung staatlicher Gelder beim Wiederaufbau der 2023 eroberten armenischen Enklave Berg-Karabach auf. Aufgrund politischer Schikanen verbrachte sie im Jahr 2021 vier Monate mit einem Auszeit-Stipendium von RSF in Berlin. Während ihres Aufenthaltes wurde publik, dass sie der aserbaidschanische Geheimdienst mit Hilfe der Überwachungssoftware Pegasus abgehört hatte.
Nicht abreißende Repressionswelle
Das Verfahren gegen Sevinj Vagifgizi und Abzas Media ist Teil einer seit November 2023 anhaltenden Serie von Festnahmen kritischer Medienschaffender. Mit den Repressionen geht Präsident Ilham Alijew gegen die letzten unabhängigen Redaktionen in Aserbaidschan vor. Gegenwärtig sitzen 25 Journalistinnen und Journalisten hinter Gittern – die meisten von ihnen wegen angeblichen Devisenschmuggels. Das ist der höchste Stand, seit Alijew im Jahr 2003 an die Macht kam.
Aserbaidschan steht in der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 167 von 180.
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