Nordzypern
06.06.2025
Journalistin in Gefahr
Seit einem Monat lebt die türkisch-zypriotische Journalistin Aysemden Akin in Nordzypern in ständiger Angst: Sie erhält Morddrohungen, weil sie über Korruption berichtet. Im Mai wurde Cemil Önal, eine ihrer Quellen, in den Niederlanden erschossen. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die Polizei in Nordzypern auf, die Journalistin zu schützen und gemeinsam mit den türkischen Behörden die Urheber der Morddrohungen zu ermitteln. Der Drohanruf erfolgte von einer türkischen Telefonnummer.
„Die Ermordung von Cemil Önal und die Morddrohungen gegen Aysemden Akin zeigen deutlich, dass sie aufgrund ihrer journalistischen Arbeit um ihr Leben fürchten muss“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Angesichts dieser ernsten Bedrohungslage muss die Polizei in Nordzypern die Journalistin dauerhaft schützen. Außerdem müssen die Verantwortlichen für die Drohungen gemeinsam mit den türkischen Behörden ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden.“
Am 30. April erhielt die Chefredakteurin der Online-Plattform Bugün Kıbrıs einen Anruf von einer türkischen Telefonnummer. Der Anrufer drohte ihr. Er wollte verhindern, dass sie weitere Recherchen zu Korruption veröffentlicht. Akin recherchierte zu Beamtinnen und Beamten der „Türkischen Republik Nordzypern“ – eine Republik, die nur von Ankara anerkannt wird. Die Behörden sollen in Korruption und Geldwäsche verwickelt sein. Unter anderem war der türkisch-zypriotische Geschäftsmann Halil Falyali beteiligt, der 2022 ermordet wurde. Ein Tag nach dem Anruf an Akin, am 1. Mai, wurde Cemil Önal in den Niederlanden erschossen. Önal war ein Mitarbeiter von Falyali und auch Akins Hinweisgeber. Er lebte im Exil und wurde von den türkischen Behörden gesucht – Anzeichen dafür, dass es sich um einen Fall von Transnationaler Repression (TNR) handeln könnte.
Trotz mehrfachem Wunsch um durchgehenden Polizeischutz erhält die Journalistin lediglich jeden Morgen für 30 Minuten eine Streife. Die Behörden erklärten, es seien „alle nötigen Maßnahmen getroffen worden“ und man schütze „alle Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr“.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Nordzypern auf Platz 91 von 180 – die schlechteste Platzierung seit 2014 und eine der niedrigsten in Europa.
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