Südkorea 28.05.2020

Klage gegen Journalisten fallenlassen

Zeitungsstand in Seoul © picture alliance/dpa

Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert den südkoreanischen Tabakgiganten KT&G auf, seine Klage gegen den Journalisten Kang Jin-gu fallenzulassen. Diese hatte das Unternehmen nach einem kritischen Artikel gegen den Reporter und seinen Arbeitgeber, eine lokale Tageszeitung, eingereicht. Zudem beantragte es, Teile von Kangs Gehalt zu beschlagnahmen. Ein Gericht in der Hauptstadt Seoul gab dem Antrag von KT&G kürzlich statt.

„KT&G muss die Klage sofort fallenlassen, die darauf abzielt, den Journalisten einzuschüchtern“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Journalistinnen und Journalisten sollten ohne Angst vor gerichtlichem Nachspiel recherchieren können. Die Vorschriften müssen entsprechend reformiert werden, damit Medien künftig vor solchen Missbräuchen geschützt sind.“

Kang Jin-gu hatte in der Zeitung Kyunghyang Shinmun über einen Konflikt berichtet, an dem KT&G und eines seiner Tochterunternehmen beteiligt waren. Zwei Tage nach der Veröffentlichung reichte das Tabakunternehmen eine Schadensersatzklage in Höhe von 200 Millionen Won (ca. € 150.000) ein. Zudem forderte es die Beschlagnahmung der Hälfte von Kangs Gehalt, bis eine Rückstellung von 200 Millionen Won erreicht ist. Der koreanische Journalistenverband verurteilte dies als „neue Form des Versuchs, Journalismus mundtot zu machen“.

Deutliche Verbesserung, aber strukturelle Probleme bleiben

Nach einem dunklen Jahrzehnt für die Pressefreiheit, in dem Südkorea auf der Rangliste rund 30 Plätze gefallen ist, hat sich die Situation nach der Wahl von Präsident Moon Jae-in, einem ehemaligen politischen Gefangenen und Menschenrechtsanwalt, im Mai 2017 deutlich verbessert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Südkorea heute auf Platz 42 von 180 Staaten. Im Jahr 2016 rangierte das Land noch auf Platz 70. Während eines Besuchs einer RSF-Delegation vor drei Jahren sagten Vertreterinnen und Vertreter der neuen Regierung, dass Südkorea bis zum Ende von Moons Amtszeit 2022 wieder auf Rang 30 stehen sollte.

Trotz der Verbesserungen gibt es weiterhin strukturelle Probleme. Das System der Ernennung von Intendantinnen und Intendanten bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten etwa muss überarbeitet werden, um ihre Unabhängigkeit zu garantieren. Verleumdung kann nach wie vor mit sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. Einige Gesetze sehen im Namen der nationalen Sicherheit für die Verbreitung sensibler Informationen, insbesondere über Nordkorea, harte Strafen vor.  

Südkorea hat wie zahlreiche andere Staaten mit Mobilfunkdaten-Tracking auf den Ausbruch der Corona-Pandemie reagiert. Mithilfe einer App überwacht die Regierung Bürgerinnen und Bürger in Quarantäne und sendet „Sicherheitshinweise“ an alle Einwohnerinnen und Einwohner des Landes. Diese Hinweise listen Orte auf, an denen sich Erkrankte aufgehalten haben. Reporter ohne Grenzen sieht die Notwendigkeit wirksamer Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, fordert jedoch, den Schutz journalistischer Quellen zu gewährleisten und das Menschenrecht auf Privatsphäre schützen.



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