Griechenland 21.01.2020

Neonazis verprügeln deutschen Korrespondenten

Journalist Thomas Jacobi spricht mit blutüberströmtem Gesicht in Mikrofone und Kameras
Thomas Jacobi nach dem Angriff vom 19. Januar 2020 ©picture alliance/ZUMA Press

Reporter ohne Grenzen verurteilt den brutalen Angriff rechtsextremer Demonstranten auf den Deutsche Welle-Korrespondenten Thomas Jacobi in Athen und fordert die griechischen Behörden auf, Journalistinnen und Journalisten besser vor Gewalt zu schützen. Die Angreifer prügelten minutenlang auf Jacobis Gesicht ein, zerstörten seine Mobiltelefone und raubten ein Aufnahmegerät. Die bei der Demonstration anwesende Polizei griff nach Jacobis Schilderung nicht ein. Mit Hilfe griechischer Kolleginnen und Kollegen konnte er sich schließlich in Sicherheit bringen.

„Rechtsextreme Angriffe auf die Medien werden in Griechenland viel zu oft ignoriert“, sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. „Die Regierung muss dafür sorgen, dass die Polizei Journalistinnen und Journalisten auf Demonstrationen besser schützt und dass derartige Angriffe wirksam verfolgt werden.“

Jacobi ist freier Korrespondent für die Deutsche Welle und berichtet auch für die französische Tageszeitung La Croix. Am Sonntag wollte er filmen, wie Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten auf dem Syntagma-Platz im Zentrum Athens demonstrierten. Die etwa zehn Angreifer sprachen den Journalisten nach dessen Schilderung namentlich an und griffen ihn gezielt an. Kolleginnen und Kollegen versuchten sofort, die Polizei zu Hilfe zu holen. Die auf dem Platz anwesenden Polizisten antworteten laut Jacobi aber nur, sie seien nicht gut genug ausgerüstet und würden die Sicherheitspolizei rufen. Diese traf aber nicht sofort ein. Um Jacobi zu schützen, legte sich ein Kollege halb auf ihn, als er am Boden lag und die Neonazis auf ihn einprügelten.

Der deutsche Journalist hat nach eigenen Angaben Anzeige gegen seine Angreifer erstattet. Der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas verurteilte den „faschistischen Angriff“ umgehend und kündigte Ermittlungen an. Mehrere Journalistinnen- und Journalistenvereinigungen verurteilten den Angriff, darunter der Verein der Auslandspresse sowie der Verband der Athener Zeitungsverleger. Dieser bezeichnete den Angriff als jüngstes Beispiel in einer ganzen Serie von Übergriffen, Einschüchterungsversuchen und Provokationen, mit denen rechtsextremistische Gruppen ständig gegen Journalistinnen und Journalisten vorgingen.

Wegen eines Dokumentarfilms griffen Neonazis Jacobi schon einmal an

Fast genau ein Jahr vor dem aktuellen Übergriff hatten Anhänger der Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“ Jacobi schon einmal angegriffen, als er vor dem Parlament in Athen über eine Demonstration gegen die Einigung im Namensstreit zwischen Griechenland und Nordmazedonien berichtete. Hintergrund war seine Mitarbeit an einem Dokumentarfilm über die Partei „Goldene Morgenröte“.

Reporter ohne Grenzen kritisiert seit Jahren die Gewalt der „Goldenen Morgenröte“ gegen Journalistinnen und Journalisten. Besonders oft richtet sie sich gegen Medienschaffende, die über Migrationsthemen berichten. In der Vergangenheit hat ROG auch bemängelt, dass die griechische Regierung solche Angriffe oft nicht einmal verurteilt hat. Griechenland steht auf Platz 65 von 180 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit.



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