Somalia 28.10.2020

Regierung will Journalisten-Festnahmen aussetzen

Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo
Staatspräsident Mohamed Abdullahi Farmajo © picture alliance / Photoshot

Somalias Regierung hat Reporter ohne Grenzen (RSF) zugesagt, Verhaftungen von Journalistinnen und Journalisten auszusetzen und den Kampf gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Medienschaffenden voranzutreiben. Der neue Ministerpräsident Mohamed Hussein Roble kündigte bei einem Treffen mit Vertretern von RSF in Mogadischu an, seine Regierung werde in Kürze ein Moratorium auf Verhaftungen und Festnahmen von Journalistinnen und Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit beschließen. Auch Staatspräsident Mohamed Abdullahi Farmajo signalisierte seine Zustimmung. Die Zusage ist ein wichtiger Schritt zu mehr Schutz für Medienschaffende in dem ostafrikanischen Land. Allein 2019 hielten die Sicherheitsbehörden dort mindestens 25 Journalistinnen und Journalisten teils tage- oder wochenlang willkürlich fest; im laufenden Jahr wird diese Zahl noch höher sein.

„Das Moratorium wird ein wichtiger Fortschritt für die Journalistinnen und Journalisten in Somalia sein – einem Land, das schon viel zu lange auf einem der letzten Plätze der Rangliste der Pressefreiheit steht“, sagte der internationale RSF-Generalsekretär Christophe Deloire im Anschluss an die Gespräche in Mogadischu. „Somalias Präsident und die ganze neue Regierung sollten ihre Bemühungen fortsetzen, das Arbeitsumfeld für Journalistinnen und Journalisten zu verbessern und die Entstehung einer freien, unabhängigen und hochwertigen Medienlandschaft zu fördern.“

Somalia ist für Medienschaffende eines der gefährlichsten Länder der Welt. Im vergangenen Jahrzehnt wurden dort 50 Journalistinnen und Journalisten getötet. Das ist fast die Hälfte aller getöteten Medienschaffenden in ganz Afrika südlich der Sahara in diesem Zeitraum. Neben Anschlägen durch die islamistische Shabaab-Miliz drohen Journalistinnen und Journalisten in Somalia auch willkürliche Medienschließungen, Verhaftung und Folter durch staatliche Stellen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Somalia auf Platz 163 von 180 Ländern weltweit.

An den Treffen mit Präsident, Ministerpräsident und dem neuen Informationsminister am Dienstag (27.10.) nahm neben Vertretern von RSF auch der Generalsekretär der Nationalen Union somalischer Journalisten (NUSOJ), Omar Faruk, teil. Beide Organisationen hatten seit Monaten für ein Moratorium auf Verhaftungen von Medienschaffenden geworben. Die Gespräche markieren zugleich den ersten Besuch von RSF in Somalia.

Fortschritte im Kampf gegen Straflosigkeit

Nach Jahren der praktisch vollständigen Straflosigkeit gibt es in Somalia seit einigen Monaten ermutigende Entwicklungen im Kampf gegen Gewaltverbrechen an Medienschaffenden. Ein Polizist wurde für die Tötung eines Journalisten an einem Kontrollpunkt in Abwesenheit zu fünf Jahren Haft verurteilt. Zwei Soldaten wurden vor ein Militärgericht gestellt und aus der Armee entlassen, weil sie zwei festgenommene Journalisten misshandelt hatten. Anfang September ernannte die Justiz einen Sonderstaatsanwalt, der gemäß einer gerichtlichen Anordnung von Ende Mai Ermittlungen zu den ungelösten Journalistenmorden der vergangenen Jahre einleiten soll.

Die Vertreter von RSF und NUSOJ forderten die somalische Regierung auch zu weiteren Nachbesserungen an einem Mediengesetz von 2016 auf. Die heftig umstrittene jüngste Reform des Gesetzes hat zwar deutliche Verbesserungen gebracht, ermöglicht aber weiterhin Haftstrafen im Zusammenhang mit journalistischer Arbeit. Auch enthält das Gesetz weiterhin keine Vorkehrungen zum Informantenschutz und schützt Journalistinnen und Journalisten nicht vor Strafverfolgung für die Veröffentlichung vertraulicher Informationen.

RSF erneuerte bei den Gesprächen in Mogadischu auch die Forderung, einen staatlichen Schutzmechanismus für bedrohte Journalistinnen und Journalisten zu schaffen. Dazu sollten in allen für das Thema relevanten Ministerien und Behörden Anlaufstellen eingerichtet werden.



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