Press Freedom Awards 2022 13.12.2022

RSF Press Freedom Awards 2022 verliehen

Matthew Caruana Galizia übergibt den Preis an die Mutter von Omar Radi, dem Gewinner des Preises für Unabhängigkeit, während der Verleihung der RSF Press Freedom Awards 2022 © picture alliance / abaca | Jana Call me J/ABACA

Die 30. Press Freedom Awards von Reporter ohne Grenzen (RSF) sind am Montag (12.12.) in Paris an die iranische Journalistin Narges Mohammadi, die ukrainischen Journalisten Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka und den marokkanischen Journalisten Omar Radi verliehen worden.

„Wir verleihen diesen Preis jedes Jahr an bemerkenswerte Persönlichkeiten, die Journalismus praktizieren, damit Demokratie und Menschenrechte fortbestehen können. Damit die Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, global und lokal angegangen werden können, um, wie Albert Camus es ausgedrückt hat, zu verhindern, dass die Welt auseinanderbricht“, sagte der Generalsekretär von RSF, Christophe Deloire, bei der Eröffnung der Zeremonie in Paris.

Mit den RSF Press Freedom Awards werden seit 30 Jahren Medienschaffende und Medien ausgezeichnet, die mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung oder Förderung der Pressefreiheit in der ganzen Welt geleistet haben.

Preis für Mut: Narges Mohammadi (Iran)

Die iranische Journalistin Narges Mohammadi wurde für ihren unermüdlichen Kampf für Pressefreiheit und Menschenrechte mit dem Preis für Mut ausgezeichnet. Sie wurde in den vergangenen zwölf Jahren immer wieder festgenommen und verbrachte einen Großteil der Zeit im Gefängnis. Trotzdem hat sie ihren Kampf für Pressefreiheit und Menschenrechte nie aufgegeben und ist deshalb ein Symbol für großen Mut. Nicht einmal im Gefängnis hat sie aufgehört, über die entsetzliche Lage der Gefangenen im Iran, insbesondere der weiblichen Insassen, zu informieren. Sie musste zahlreiche Opfer bringen, damit ihre Stimme gehört wird. Mit ihrem Ehemann, dem Journalisten Taghi Rahmani, hat sie zwei Kinder, die sie nicht aufwachsen sehen kann, weil sie seit 2011 nur wenige Monate nicht in Haft war. Trotz ihrer Herzprobleme wurde sie misshandelt und gefoltert und erhielt 154 Peitschenhiebe. Dennoch gibt sie die Hoffnung nicht auf und ruft weiterhin zu zivilem Widerstand auf. Sie verfasste auch im Gefängnis zahlreiche Artikel, drehte einen Dokumentarfilm und ein Buch mit dem Titel „Weiße Folter“, das auf ihren Interviews mit 16 Gefangenen basiert. Das letzte Mal wurde sie am 16. November 2021 festgenommen, seitdem befindet sie sich in Haft.

Preis für Wirkung: Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka (Ukraine)

Die ukrainischen Journalisten Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka wurden mit dem Preis für Wirkung ausgezeichnet. Die beiden Associated-Press-Journalisten waren die einzigen Medienschaffenden, die im März 2022 20 Tage lang die Auswirkungen der Kämpfe in der ukrainischen Stadt Mariupol für internationale Medien dokumentierten. Ihr Foto einer schwangeren Frau, die bei dem Beschuss eines Krankenhauses verletzt wurde, ging um die Welt und lenkte die internationale Aufmerksamkeit auf die Geschehnisse in der von russischen Truppen belagerten Stadt. Die Journalisten arbeiteten in Mariupol unter schwierigsten Bedingungen, da die russische Armee wegen der potenziellen Auswirkungen ihrer Fotos nach ihnen suchte. Doch die Zivilbevölkerung der Stadt unterstützte die beiden, da sie sich der Bedeutung ihrer Arbeit bewusst war.

Preis für Unabhängigkeit: Omar Radi (Marokko)

Der marokkanische Journalist Omar Radi wurde mit dem Preis für Unabhängigkeit ausgezeichnet. Der Enthüllungsjournalist und Menschenrechtsaktivist wird seit mehr als zehn Jahren von der Justiz in Marokko verfolgt, weil er über Korruption und andere sensible Themen berichtet. Die Behörden begannen im Juni 2020 gegen ihn wegen Spionageverdachts zu ermitteln. Kurz zuvor hatte Amnesty International berichtet, dass die Spähsoftware Pegasus dafür genutzt wurde, Informationen von seinem Handy zu erhalten. Einen Monat später wurde er auf Grundlage eines Vergewaltigungsvorwurfs festgenommen. Im Juli 2021 wurde er wegen vermeintlicher Vergewaltigung und Spionage zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Behörden hatten ihn schon mindestens drei Jahre vor diesem Prozess im Visier. Im April 2021 begann er einen Hungerstreik als Protest gegen seine Inhaftierung, musste aber den Streik nach 21 Tagen abbrechen, da er an Morbus Crohn leidet. Sein Gesundheitszustand ist seitdem sehr schlecht.

Nach Preisverleihungen in London, Berlin und Taipeh in den letzten Jahren fand die diesjährige Preisverleihung in Anwesenheit der französischen Kulturministerin Rima Abdul Malak und ihres ukrainischen Amtskollegen Oleksandr Tkachenko sowie des Friedensnobelpreisträgers 2021, Dmitri Muratow, auf den Pariser Champs Élysée statt.

In seiner Eröffnungsrede würdigte Dimitri Muratow seine Kollegin Anna Politkowskaja von der Nowaja Gaseta und die 1.200 anderen Medienschaffenden, die in den vergangenen 15 Jahren ermordet wurden. Er sprach von einer „neuen Ära der Konfrontation zwischen diktatorischen oder autoritären Regimen und dem unabhängigen Journalismus“ und fügte hinzu: „Früher wurden Journalisten umgebracht, heute werden ganze Medien liquidiert.“ In diesem Zusammenhang lobte er den Mut der philippinischen Journalistin Maria Ressa, ebenfalls Friedensnobelpreisträgerin 2021, der eine 100-jährigen Haftstrafe droht.

Drei ehemalige RSF-Preisträgerinnen und Preisträger nahmen an der Zeremonie teil und überreichten die Preise: Can Dündar, ehemaliger Chefredakteur der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, Lina Attalah, Mitbegründerin und Redakteurin der unabhängigen ägyptischen Zeitung Mada Masr, und Matthew Caruana Galizia, Enthüllungsjournalist und Sohn der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, die 2017 durch eine Autobombe getötet wurde.

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