Syrien 05.11.2008

Syrischer Journalist Michel Kilo weiterhin im Gefängnis?

Der Journalist und Schriftsteller Michel Kilo könnte nach einem neuen Urteil des Berufungsgerichtes von Damaskus entlassen werden. Nach einem Einspruch der Generalstaatsanwaltschaft ist Kilo allerdings weiterhin in Haft. Das Berufungsgericht hob am 2. November ein Urteil des Strafgerichtshofes vom August auf, das eine vorzeitige Entlassung Kilos nach Verbüßen von drei Vierteln der dreijährigen Haftstrafe verweigerte. Zwei Tage nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes hat die Generalstaatsanwaltschaft am 4. November das Urteil „im Interesse des Gesetzes“ angefochten.

 

„Die Entscheidung des Berufungsgerichtes für eine vorzeitige Haftentlassung des Journalisten ist positiv. Aber die Chancen, dass Michel Kilo in Kürze frei gelassen wird, sinken nach dem Einspruch der Generalstaatsanwaltschaft. Wenn syrische Behörden nach dem Gesetz handeln würden, wären Michel Kilo und andere gewaltlose Verteidiger der Meinungsfreiheit nicht im Gefängnis. Die syrische Justiz entscheidet nicht unabhängig“, erklärt Reporter ohne Grenzen (ROG).

 

Nach Verbüßen von drei Vierteln seiner Haftstrafe hat Michel Kilo nach syrischem Gesetz das Recht, vorzeitig entlassen zu werden. Die zweite Kammer des Strafgerichtshofes von Damaskus hat aber seinen Antrag auf Freilassung zurückgewiesen. Nach der Aufhebung dieser Entscheidung durch das Berufungsgericht hat die Generalstaatsanwaltschaft beim Innenminister dagegen Einspruch erhoben. Das Ministerium muss jetzt entscheiden, ob der Einspruch bei einer Plenarsitzung des Berufungsgerichtes behandelt wird. Der Journalist ist derweil weiterhin in der Strafanstalt von Adra in Damaskus inhaftiert.

 

Khalil Maâtouk, einer der Anwälte von Michel Kilo, sagte, dass der Einspruch die Durchsetzung des Urteils des Berufungsgerichts vom 2. November nicht aufhalten dürfe. Nach seinen Angaben ist es sehr wahrscheinlich, dass die Generalstaatsanwaltschaft noch nicht einmal die Gefängnisverwaltung über das Urteil informiert hat.

 

Kilo (68), der sich für die Demokratisierung Syriens einsetzt, wurde am 14. Mai 2006 festgenommen, nachdem er den „Beirut-Damaskus, Damaskus-Beirut“-Aufruf unterschrieben hatte. Die gemeinsame Erklärung syrischer und libanesischer Intellektueller rief zur radikalen Änderung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf. Michel Kilo wurde zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe wegen „Schwächung des Nationalgefühls“ verurteilt.

 

Weitere Informationen:

Anja Viohl, Reporter ohne Grenzen
Tel.: 030/6158585
presse@reporter-ohne-grenzen.de

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