Deutschland 28.10.2002

Weißrussischer Journalistin droht Auslieferung


Reporter ohne Grenzen ist besorgt wegen der vorläufigen Festnahme Natallia Sudliankova und ihrer möglichen Auslieferung nach Weißrussland. Die weißrussische Journalistin wurde am 7. Oktober am deutsch-tschechischen Grenzübergang bei einer Ausweiskontrolle festgenommen. Laut Angaben von Behörden wurde nach ihr über Interpol gefahndet. Natallia Sudliankova arbeitet für Radio Free Europe und ist seit 1999 als Flüchtling in der Tschechischen Republik anerkannt.

"Frau Sudlinakova ist eine erklärte Kritikerin der weißrussischen Regierung und ihres Präsidenten Alexander Lukaschenko. Regelmäßig werden in Weißrussland Menschenrechte verletzt und die Pressefreiheit massiv eingeschränkt. Wir haben erst kürzlich drei Fälle von Journalisten dokumentiert, die wegen " Beleidigung des Präsidenten " zu Zwangsarbeit verurteilt wurden ", erklärt Robert Ménard, Generalsekretär der internationalen Menschenrechtsorganisation zur Verteidigung der Pressefreiheit.

Nach unseren Informationen wurde Natallia Sudliankova am 7. Oktober 2002 am deutsch-tschechischen Grenzübergang in Pomezi-nad-Ohri / Schinding von deutschen Grenzbehörden vorläufig festgenommen und befindet sich seitdem in Haft. Offiziell wird als Grund ein Festnahmeersuchen der Staatsanwaltschaft in Weißrussland wegen vermeintlicher Wirtschaftsdelikte angegeben.

In Weißrussland ist Natallia Sudliankova eine bekannte Persönlichkeit in Politik und Wirtschaft. Sie gründete in den 90er Jahren mehrere Firmen im Bereich Finanzberatung und wurde im Jahre 1995 Präsidentin des weißrussischen Finanzverbandes. Die Unternehmerin unterstützte aktiv und finanziell die Weißrussische Nationalfront (FNB), eine oppositionelle Bewegung, deren Mitglieder regelmäßig Repressalien von seiten der Regierung ausgesetzt sind. Im Dezember 1999 ist sie als Flüchtling in der Tschechischen Republik anerkannt worden. Ihre Verfolgung wurde dort ausführlich dokumentiert.

Bereits im Januar 2002 lehnte der tschechische Innenminister eine Auslieferung Sudliankovas nach Weißrussland mit einer ausführlichen Begründung ab.

Reporter ohne Grenzen fordert in einem Brief an den zuständigen Oberstaatsanwalt Schmitt die sofortige Freilassung von Natallia Sudliankova.

Für weitere Informationen: Tel. (030) 615 85 85
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