Bangladesch 02.03.2023

Zeitung geschlossen, Journalisten angegriffen

Das Hauptgebäude der Zeitung Dainik Dinkal in Dhaka, Bangladesch. Die Zeitung der Oppositionspartei BNP wurde am 20. Februar 2023 eingestellt. © picture alliance / EPA | MONIRUL ALAM

Rund ein Jahr vor den Parlamentswahlen blickt Reporter ohne Grenzen (RSF) mit großer Sorge auf die jüngsten Einschränkungen der Pressefreiheit in Bangladesch. Ende Februar ließ die Regierung die wichtigste Oppositionszeitung Dainik Dinkal schließen. In den vergangenen zwei Monaten zählte RSF zudem sieben Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten. Mitglieder und Unterstützer der regierenden Partei Awami League schlugen, beleidigten und bedrohten Medienschaffende, die zuvor über heikle Themen wie illegale Landenteignung oder Druck auf Wählerinnen und Wähler berichtet hatten.

„Die Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina Wajed missbraucht das Gesetz, um eine oppositionelle Tageszeitung zu schließen. Die Behörden müssen ihre Entscheidung sofort rückgängig machen. Gleichzeitig nimmt die Gewalt gegen Medienschaffende zu, die es gewagt haben, Politikerinnen und Politiker der Awami League zu kritisieren. Wir verurteilen diese Angriffe auf den Medienpluralismus elf Monate vor den Wahlen“, sagte RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske.

Seit dem 20. Februar veröffentlicht die auf Bengalisch erscheinende Dainik Dinkal keine Ausgaben mehr. Ende Dezember hatte die Regierung angeordnet, dass die Zeitung schließen müsse, weil ihr Herausgeber Tarik Rahman nach Großbritannien geflohen sei, um einer strafrechtlichen Verurteilung in Bangladesch zu entgehen. Sein Aufenthalt im Ausland verstoße demnach gegen das Gesetz.

Diesem Vorwurf widerspricht der aktuelle Herausgeber Schamsur Rahman Schimul Biswas. 2016 sei Tariq Rahman zurückgetreten und ein neuer Herausgeber ernannt worden. Danach arbeitete die Redaktion zunächst weiter. Am 19. Februar wies der Presserat – ein Ableger des Informationsministeriums – den Einspruch der Zeitung jedoch zurück.

Seit drei Jahrzehnten ist Dainik Dinkal das Sprachrohr der Bangladesh Nationalist Party (BNP), der wichtigsten Opposition zur Awami League, die seit 2009 regiert und fast alle Distrikte des Landes kontrolliert. RSF zählt ihre Vorsitzende, Premierministerin Sheikh Hasina, zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Awami League und BNP waren seit der Unabhängigkeit Bangladeschs 1971 abwechselnd an der Macht. Beide Parteien haben sich in der Opposition für die Pressefreiheit stark gemacht, als Regierungsparteien änderte sich das: Nachrichtenmedien sollten lediglich ihren eigenen Zwecken dienen. Die nächsten Parlamentswahlen finden im Januar 2024 statt.

Angriffe gegen Journalisten

In den vergangenen zwei Monaten haben Vertreter und Unterstützer der Awami League Journalistinnen und Journalisten schikaniert und körperlich angegriffen. Am 1. Februar wollten die beiden Zeitungsreporter J.M. Rauf und Zahurul Islam über eine Pressekonferenz eines bei Regionalwahlen erfolglosen Kandidaten der Awami League berichten. Vor einem Parteibüro im Distrikt Bogura im Norden Bangladeschs beleidigte und schlug ein Vertreter des örtlichen Ablegers der Awami League den Journalisten Rauf und versuchte dann seinen Kollegen Islam zu würgen.

Am 23. Januar nahmen Polizisten in Zivil Raghunath Kha, Reporter der überregionalen Tageszeitung Dainik Projonmo Ekattor und des Senders Deepto TV, in Debhata im Südwesten des Landes fest. Er hatte zuvor über den Versuch einiger Dorfbewohner berichtet, illegal beschlagnahmtes Land zurückzuerlangen – ein Tabu-Thema für Politikerinnern und Politiker der Awami League. Polizeibeamte schlugen und misshandelten Kha und leugneten zunächst, ihn festgenommen zu haben. Sie ließen den Journalisten erst frei, nachdem sie gedroht hatten, ihn zu töten, falls er weiter über die Proteste der Landbevölkerung berichten würde.

Ende Dezember recherchierte Business-Standard-Korrespondent Abu Azad in der südöstlichen Stadt Chattogram zu illegalen Ziegelöfen, als er von sieben Männern angegriffen und entführt wurde, unter ihnen ein Mitglied der Lokalregierung. Sie brachten den Journalisten in das Büro des Politikers, schlugen ihn und löschten seine Fotos und Videos. Die Gruppe ließ Azad erst frei, nachdem die Männer gedroht hatten, ihn zu töten, sollte er jemals wieder über die Ziegelöfen recherchieren. Azad musste wegen verschiedener Verletzungen, unter anderem wegen eines Genickbruchs, im Krankenhaus behandelt werden.

Wenige Tage zuvor griff eine Gruppe um den Generalsekretär des lokalen Ablegers der Awami League in Hatibandha im Norden des Landes den Zeitungsjournalisten Hazrat Ali an. Der Reporter hatte gerade einen Artikel über die Methoden veröffentlicht, mit denen Druck auf Wählerinnen und Wähler aus der Minderheit der Hindus ausgeübt wird. Die Täter schlugen Ali, nahmen seinen Presseausweis und löschten alle Inhalte auf seinem Handy. Die Polizei weigerte sich, die Anzeige des Journalisten aufzunehmen. Am gleichen Tag wollten Polizisten trotz fehlendem Durchsuchungsbeschluss das Haus der Familie von Zillur Rahman durchsuchen. Rahman, Moderator einer Talkshow und Geschäftsführer eines Think Tanks, schrieb an dem Abend auf Facebook, er vermutet die Polizei wolle ihn, seine Familie und Nachbarn einschüchtern.

Muhammad Faruk Hasan, Reporter der Nachrichtenseite Barishal Metro, berichtete über die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges in Bangladesch am 16. Dezember in der Stadt Gournadi, als ihn etwa zehn Mitglieder des studentischen Ablegers der Awami League entführten. Sie schlugen und misshandelten ihn so sehr, dass sie ihm ein Bein brachen. Die Täter begründeten den Angriff damit, dass Hasan den Namen eines Lokalpolitikers in seinem Bericht nicht erwähnt hatte. Der Journalist erstattete Anzeige bei der Polizei und nannte die Namen seiner Angreifer, aber die Polizei nahm niemanden fest.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Bangladesch auf Platz 162 von 180 Staaten. Als Premierministerin Sheikh Hasina 2009 zurück an die Macht kam, belegte das Land noch Platz 121. Unter einem im Oktober 2018 verabschiedeten Gesetz für digitale Sicherheit kann „negative Propaganda“ mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden. Es dient häufig als Vorwand, um Journalistinnen und Journalisten einzusperren und führt dazu, dass sich Medienschaffende selbst zensieren.



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