Polen 20.12.2021

Präsident Duda muss die „Lex TVN“ stoppen

Der polnische Präsident Andrzej Duda. Links im Hintergrund der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski. © picture alliance / AP Photo / Alik Keplicz
Der polnische Präsident Andrzej Duda. Links im Hintergrund der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski. © picture alliance / AP Photo / Alik Keplicz

Reporter ohne Grenzen (RSF) ruft den polnischen Präsidenten Andrzej Duda dazu auf, die sogenannte „Lex TVN“ zu stoppen. Das Parlament in Warschau hatte am Freitag (17.12.) Änderungen am Rundfunk- und Fernsehgesetz verabschiedet, die auf die Sendergruppe TVN zielen. Damit die Änderungen in Kraft treten, fehlt noch die Unterschrift des Präsidenten. Vor allem mit der auf TVN24 ausgestrahlten Nachrichtensendung Fakty bildet TVN die schärfste Konkurrenz zum öffentlich-rechtlichen Fernsehsender TVP. TVP ist zu großen Teilen zu einem Verlautbarungsorgan der PiS-geführten Regierung geworden.

„Wir halten es auch mit Blick auf EU-Recht für hochproblematisch, wie die polnische Regierung hier gegen eine unabhängige Sendergruppe vorgeht“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Gesetze so in Form zu bringen, dass sie zu den politischen Zielen passen, ist eines Rechtsstaats unwürdig.“

Das neu formulierte Gesetz würde es Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, verbieten, eine Mehrheit an polnischen Medienunternehmen zu halten. „Lex TVN“ hat sich als Bezeichnung etabliert, weil sich das Gesetz direkt und vorrangig auf die gleichnamige Sendergruppe auswirken würde: TVN, das größte unabhängige TV-Netzwerk in Polen, berichtet häufig kritisch über die Regierung und gehört zur US-amerikanischen Discovery-Gruppe. TVN soll dazu gezwungen werden, einen neuen Eigentümer oder eine neue Eigentümerin zu suchen. Um den Druck hoch zu halten, hatte die polnische Regulierungsbehörde KRRiT im September die Lizenz von TVN24 erst nach 19 Monaten Wartezeit erteilt – nur wenige Tage vor Ablauf der Frist. Wenn Präsident Duda die Gesetzesvorlage nun unterzeichnet, könnte das regierungsfreundlichen Unternehmen ermöglichen, sich mit einer Mehrheit bei TVN einzukaufen.

Dass diese Sorge begründet ist, hat das Beispiel Polska Press gezeigt. Ende 2020 kaufte das polnische Unternehmen PKN Orlen von der deutschen Verlagsgruppe Passau mit Polska Press ein Paket aus Regionalzeitungen und Onlineplattformen mit einer Reichweite von mehr als 17 Millionen Leserinnen und Lesern. PKN Orlen ist nicht nur ein staatlicher Konzern, sein Vorsitzender Daniel Obajtek ist auch ein enger Freund des PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski. Mittels Polska Press hat die Regierung nun Zugriff auf 20 von 24 in Polen erscheinende Regionalzeitungen, etwa 120 regionale Wochenzeitschriften und 500 Online-Portale. Mit der Kioskkette Ruch besitzt PKN Orlen bereits eine eigene Vertriebsstruktur für Zeitungen. Wenige Monate nach der Übernahme, im Mai 2021, wurden vier Chefredakteure von Polska-Press-Zeitungen entlassen.

Die bereits seit Jahren offen verfolgte Strategie einer „Re-Polonisierung“ der Medien zielt darauf ab, mehr Einfluss auch auf Medien in Privatbesitz zu bekommen. Außerdem suggeriert die polnische Regierung dadurch, dass ausländische Eigentümerinnen und Eigentümer eine politische Agenda verfolgten, die gegen die polnischen Interessen gerichtet sei.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Polen auf Platz 64 von 180 Staaten.



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