Propaganda-Monitor

Lateinamerika – Ein Hotspot für russische Propaganda

Lateinamerika – Ein Hotspot für russische Propaganda
© picture alliance/AP Photo | Ricardo Mazalan
Auf diesem Foto aus dem Jahr 2017 ist Manuel Bolivar, Direktor von NC Noticias (links), bei der Übertragung einer Debattensendung im Studio des neuen Online-Nachrichtensenders zu sehen.

Seit Jahren verfolgt Reporter ohne Grenzen (RSF) die Strategien russischer Desinformation weltweit und hat im Rahmen des Propaganda-Monitors einen umfassenden Bericht veröffentlicht. RT (ehemals Russia Today), das wichtigste internationale Propagandamedium des Kremls, ist in Lateinamerika ein beliebter Sender. Die Berichterstattung richtet sich vor allem gegen den Einfluss der USA in der Region. Dieses russische Staatsmedium hat strategische Allianzen mit lateinamerikanischen Medien, Thinktanks und akademischen Einrichtungen geschlossen. Vladimir Rouvinski, Experte für den Einfluss Russlands in Lateinamerika, erklärt im RSF-Interview, wie RT funktioniert. 

RSF: Seit dem Launch von RT Actualidad (RT auf Spanisch) im Jahr 2009 hat RT seine Präsenz und seinen Einfluss stetig ausgebaut. Können Sie konkrete Beispiele für die Propagandataktiken von RT in Lateinamerika nennen?

In Lateinamerika unterscheiden sich die Taktiken von RT ein wenig von denen in anderen Teilen der Welt. Putins Interesse an der Region ist von Gegenseitigkeit und Parallelen geprägt. Moskau ist überzeugt, dass Lateinamerika für die USA genauso bedeutend ist wie die Ukraine für Russland. Entsprechend gelten für Russland Venezuela und Kuba als Gegenstücke zur Ukraine und zu Belarus. RT richtet seine Angriffe daher vor allem gegen die USA und stellt sie als Ursache sowohl für innenpolitische Probleme als auch jene in der gesamten westlichen Hemisphäre dar. Die Berichterstattung über Themen wie Migration, Menschenrechte und Umwelt zielt darauf ab, die USA in einem negativen Licht darzustellen.

Manche argumentieren, dass dank RT endlich Geschichten erzählt werden, die sonst nirgendwo Platz finden. Wie begegnen Sie dem Einwand, dass RT lediglich die Verfehlungen der USA aufdecke?

Die Berichterstattung von RT ist keineswegs einzigartig. Andere Medien könnten über dieselben Themen berichten, ohne dabei von der russischen Regierung finanziert zu werden. Das Problem bei RT liegt in der Art des Framings – Themen werden so aufbereitet, dass sie eine emotionale Reaktion provozieren. Es handelt sich um eine einseitige Perspektive, die dem Publikum ein verzerrtes Verständnis vermittelt. Probleme werden so dargestellt, als seien ausschließlich die USA verantwortlich – ohne Alternativen oder Lösungsvorschläge aufzuzeigen.

Es geht also nicht um Fake News, sondern um eine Verzerrung der Wahrheit durch ein bestimmtes Framing. In welchen Ländern findet RT die größte Resonanz?

RT ist in der Region recht bekannt, insbesondere unter Medienschaffenden sowie in Teilen der Bevölkerung. Die Präsenz von RT ist in ganz Lateinamerika spürbar, mit den stärksten Standorten in Mexiko und Argentinien. 

Gibt es bestimmte Personen oder Regierungen, die sich in dieser Hinsicht mit Russland verbündet haben? 

Die Regierungen von Venezuela und Nicaragua unterstützen eindeutig RT und russische Propaganda offen. Beide haben Informationsbündnisse mit Moskau geschlossen. In Nicaragua ist das Bündnis mit einem der Söhne des machthabenden Ehepaars Ortega und Murillo verknüpft, der für die Propaganda des Regimes zuständig ist. In Managua wurde ein Drehkreuz eingerichtet, das für Russland aufgrund von Migration, Drogenhandel und organisierter Kriminalität in Mittelamerika strategisch wichtig ist. Russische Behörden haben sogar nicaraguanische Journalistinnen und Journalisten geschult, um diese in die russische Kommunikationsstrategie einzubinden. 

Mehr Informationen zum Propaganda-Monitor und die komplette Ausgabe gibt es hier.