Aserbaidschan

Solidarität mit inhaftierten Journalisten

Solidarität mit inhaftierten Journalisten
© ChatGPT/RSF
Gemeinsam mit im Exil tätigen Organisationen aus Aserbaidschan starten wir eine Postkartenkampagne für inhaftierte Medienschaffende.

Angesichts der anhaltenden Repressionen gegen unabhängige Medien in Aserbaidschan starten Reporter ohne Grenzen (RSF) sowie die im Exil tätigen Medien und Organisationen Meydan TV, Toplum TV, Free Voices Collective und Qazetci eine symbolische Postkartenkampagne unter dem Titel „Flood them with fans“ (dt. “Flutet sie mit Ventilatoren”). Im Mittelpunkt stehen die unmenschlichen Haftbedingungen der Journalistin Sevinj Vagifgizi, Chefredakteurin von Abzas Media und ehemalige RSF-Stipendiatin in Berlin, der trotz der extremen Hitze im Bakuer Gefängnis ein einfacher Ventilator verweigert wird.

Während die meisten Gefangenen im Sommer auf die Unterstützung ihrer Familien angewiesen sind, um Ventilatoren zu erhalten, blockierte Gefängnisdirektor Elnur Ismayilov Sevinjs Antrag. Seine Bedingung: Sie müsse aufhören zu schreiben. Vagifgizi berichtet weiterhin aus der Haft über Menschenrechtsverletzungen und Haftbedingungen – ein Akt von Mut, der nun mit gezielter Grausamkeit bestraft wird. Ismayilovs Vorgehen ist nichts anderes als ein offenkundiger Akt der Zensur und Repression.

RSF sowie Meydan TV, Toplum TV, Free Voices Collective und Qazetci haben ein gemeinsames Solidaritätsschreiben verfasst und rufen die Öffentlichkeit auf, Solidaritätsnachrichten an Sevinj und ihre inhaftierten Kolleginnen und Kollegen zu schreiben. Diese können hier eingereicht werden. Die Botschaften werden übersetzt, auf Postkarten mit dem Symbol eines Ventilators gedruckt und ins Gefängnis nach Baku gebracht.

„Wir wollen zeigen, dass die Stimmen der Reporterinnen und Reporter nicht zum Schweigen gebracht werden können – selbst hinter Gefängnismauern nicht“, sagte Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von RSF Deutschland. „Wenn die aserbaidschanischen Behörden Journalistinnen und Journalisten zu Unrecht einsperren und sich weigern, ihnen die einfachsten Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen die Haftbedingungen erträglich werden, ist das Schikane. Damit das endlich aufhört, brauchen wir die Unterstützung von allen, denen das Grundrecht auf Pressefreiheit ein Anliegen ist.“

Verschärfte Repression gegen kritischen Journalismus

Die Kampagne fällt in eine Zeit zunehmender Unterdrückung in Aserbaidschan. Mindestens 25 Medienschaffende sind derzeit inhaftiert, viele von ihnen mit Bezug zu Abzas Media, Toplum TV und Meydan TV – Medien, die ins Zentrum staatlicher Vergeltungsmaßnahmen geraten sind. Sevinj Vagifgizi und ihre Kolleginnen Nargiz Absalamova und Elnara Gasimova traten wochenlang in Hungerstreik, um gegen die Misshandlung von Abzas-Media-Direktor Ulvi Hasanli zu protestieren, der trotz eines Gerichtsurteils in Einzelhaft saß.

Anstatt das Urteil zu respektieren, reagierten die Gefängnisbehörden mit zusätzlichen Strafen: Die hungerstreikenden Journalistinnen wurden sanktioniert, sie mussten in stickigen, unhygienischen Räumen ohne Zugang zu Duschen ausharren und ihre Familien wurden bei Besuchen erniedrigenden Bedingungen ausgesetzt. Besonders alarmierend: Nargiz Absalamova wurde tätlich angegriffen, weil sie sich weigerte, in eine andere Zelle verlegt zu werden – eine Strafmaßnahme als Vergeltung für ihren Hungerstreik.

Die Eskalation der Repressionen bis in die Gefängnisse hinein ist Teil eines größeren Musters – dem Einsatz von körperlicher Einschüchterung, Zensur und psychologischem Druck, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und den verbliebenen Raum für unabhängigen Journalismus zu zerstören.

RSF fordert sofortigen internationalen Druck

RSF sowie Meydan TV, Toplum TV, Free Voices Collective und Qazetci fordern demokratische Regierungen und internationale Organisationen auf, den Druck auf die aserbaidschanischen Behörden zu erhöhen. Sie müssen

  • alle inhaftierten Journalist*innen frei und die politisch motivierten Anklagen fallen lassen.
  • Zugang zu grundlegenden Rechten wie medizinischer Versorgung und Schutz vor Misshandlungen garantieren.
  • die systematische Unterdrückung von Abzas Media und allen verbleibenden unabhängigen Medien beenden.

„Bei dieser Kampagne geht es um mehr als einen Ventilator – es geht um Würde, Gerechtigkeit und internationale Solidarität“, sagte Orkhan Mammad, kommissarischer Co-Chefredakteur von Meydan TV. „Wir laden Journalistinnen, Aktivisten und Bürgerinnen weltweit ein, sich uns anzuschließen und Sevinj und ihren Kolleginnen und Kollegen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.“

Sevinj Vagifgizi steht für unabhängigen und mutigen Journalismus in Aserbaidschan. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen deckte sie Korruptionsfälle auf, darunter die Veruntreuung öffentlicher Gelder beim Wiederaufbau der 2023 zurückeroberten armenischen Enklave Berg-Karabach. Sie verkörpert Würde, Hoffnung und Widerstandskraft des unabhängigen Journalismus angesichts von Unterdrückung. Ihre Inhaftierung zeigt die Schwäche eines Regimes, das sich durch die Kraft einer freien Presse bedroht fühlt.

Hier können Sie sich an der Kampagne beteiligen und Ihre persönliche Solidaritätsbotschaft an Sevinj Vagifgizi oder mitinhaftierte Medienschaffende senden. 

Aserbaidschan steht in der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 167 von 180.