Die 33. Verleihung der RSF Press Freedom Awards fand am 15. November 2025 im Rahmen des 40-jährigen Jubiläums der internationalen Dachorganisation von Reporter ohne Grenzen (RSF) in Paris statt. Ausgezeichnet wurden in diesem Jahr:
- Sevinj Vagifgizi (Aserbaidschan), Chefredakteurin von Abzas Media bekam die Auszeichnung für mutige Berichterstattung (Courage Prize).
- Bisan Owda (Palästina) erhielt die Auszeichnung für Wirksamkeit (Impact Prize).
- Shin Daewe (Myanmar) wurde mit der Auszeichnung für Unabhängigkeit (Independence Prize) geehrt.
- Atiana Serge Oulon (Burkina Faso), Chefredakteur von L’Événement, wurde der Mohamed-Maïga-Preis für investigativen Journalismus in Afrika verliehen.
- Robin Tutenges (Frankreich), wurde mit dem Lucas-Dolega-SAIF-Fotopreis gewürdigt.
Jedes Jahr zeichnet RSF mit den Press Freedom Awards Journalist*innen und Medien aus, die weltweit einen herausragenden Beitrag zur Verteidigung und Förderung der Pressefreiheit leisten. Die Preisverleihung wurde von Steven Jambot, Produzent der RFI-Sendung L’Atelier des médias, moderiert. Unter den Redner*innen waren Fotograf Pierre Ciot (Vertreter der französischen Urhebergesellschaft SAIF) und Schauspielerin und Regisseurin Aïssa Maïga, Tochter des malischen Journalisten Mohamed Maïga, zu dessen Gedenken der afrikanische Investigativpreis vergeben wird.
Insgesamt waren 15 Reporter*innen, neun Medien und Journalist*innen-Kollektive sowie fünf Fotojournalist*innen aus 18 Ländern in fünf Kategorien nominiert. Die Jury unter Vorsitz von RSF-Präsident Pierre Haski aus Frankreich bestand aus internationalen Journalist*innen, Fotojournalist*innen und Expert*innen für Meinungsfreiheit.
Der Preis für Mut: Sevinj Vagifgizi (Aserbaidschan)
Am 20. Juni 2025 wurde die ehemalige RSF-Stipendiatin Sevinj Vagifgizi, Chefredakteurin von Abzas Media, zu neun Jahren Haft verurteilt – aufgrund eindeutig fabrizierter Anschuldigungen. Dennoch bleibt sie eine unbeugsame Stimme der unabhängigen Medien in Aserbaidschan. Sie weigert sich, sich einschüchtern zu lassen und erklärte während ihres Prozesses mutig: „Die Wahrheit ist das, was die Regierung am meisten fürchtet.“
Im Gefängnis hat die junge Journalistin eine eigene Form des Widerstands entwickelt: Sie passt sich dem harten Haftalltag an und setzt gleichzeitig ihre journalistische Arbeit fort. Als Vergeltung wurde sie diesen Sommer „bestraft“ – die Gefängnisleitung machte ihren Zugang zu einem Ventilator, wichtig in der extremen Hitze Bakus, davon abhängig, dass sie aufhört, über Menschenrechtsverletzungen zu schreiben.
Am 25. September wurden sie und ihre Kolleginnen von Abzas Media überraschend in ein Gefängnis fast drei Stunden von Baku entfernt verlegt – ein weiterer Druckversuch, der den Kontakt zu Familie und Anwält*innen erheblich erschwert. Ihr Engagement, ihre Entschlossenheit und ihre beharrliche Weigerung, angesichts von Ungerechtigkeit zu verstummen, zeigen ihren außerordentlichen Mut.
Hier geht es zu unserer Solidaritätskampagne für Sevinj Vagifgizi und ihre inhaftierten Kolleg*innen.
Der Preis für Wirkung: Bisan Owda (Palästina)
„It’s Bisan from Gaza and I’m still alive.“ – Dieser Satz ist zu ihrem Markenzeichen geworden. Für eine Journalistin in Gaza ist es alles andere als selbstverständlich, der Welt mitzuteilen, dass man noch lebt: Seit dem 7. Oktober 2023 wurden mehr als 200 Medienvertreter*innen durch die israelischen Streitkräfte getötet.
Die 21-jährige Bisan Owda berichtet unvermindert über die Schrecken, denen die Menschen in Gaza ausgesetzt sind. Mit 4,9 Millionen Followern auf Instagram und 1,4 Millionen auf TikTok wurde ihre Catchphrase zum Titel ihrer Emmy-prämierten Sendung, die auf dem AJ+-Kanal von Al Jazeera läuft.
Der Preis für Unabhängigkeit: Shin Daewe (Myanmar)
Die preisgekrönte Reporterin und Dokumentarfilmerin Shin Daewe ist bekannt für ihre Recherchen zu Umweltthemen und den Auswirkungen des Bürgerkriegs. Am 10. Januar 2024 wurde sie von einem Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt – später reduziert auf 15 Jahre – wegen angeblicher „Beihilfe zum Terrorismus“. Es ist die härteste Strafe, die seit dem Militärputsch im Februar 2021 gegen Medienschaffende verhängt wurde.
Shin Daewe arbeitete in den vergangenen Jahren als freie Journalistin für mehrere Medien und war zuvor für den burmesischen Dienst von Radio Free Asia (RFA) tätig.
Der Mohamed-Maïga-Preis für investigativen Journalismus in Afrika: Atiana Serge Oulon (Burkina Faso)
Als Herausgeber der führenden Investigativzeitung L’Événement gehört Atiana Serge Oulon zu den letzten burkinischen Journalist*innen, die sich trauen, über sicherheitspolitische Themen zu berichten. Im Dezember 2022 veröffentlichte er eine Recherche über den mutmaßlichen Veruntreuungsfall eines ranghohen Offiziers – Gelder, die für die Bürgerwehr „Volunteers for the Defence of the Fatherland“ (VDP) bestimmt waren. Daraufhin wurde er vor ein Militärgericht gestellt.
Neben zahlreichen preisgekrönten Investigativrecherchen veröffentlichte er mehrere Bücher, die unter anderem den Aufstieg des Terrorismus und die zunehmenden Militärputsche untersuchen. Am 24. Juni 2024 wurde er mutmaßlich von Angehörigen des Geheimdienstes ANR aus seinem Haus verschleppt – wahrscheinlich, um ihn zwangsweise in die Armee einzugliedern.
Der Lucas-Dolega-SAIF-Fotopreis: Robin Tutenges (Frankreich)
Der französische Fotograf und Journalist reiste im Mai 2025 heimlich in die Region Amhara in Äthiopien, um über die Fano-Miliz zu berichten – eine nationalistische Bewegung, die gegen die Zentralregierung in Addis Abeba kämpft. Robin Tutenges dokumentierte ihren Aufstand, während zeitgleich Berichte über zunehmende Übergriffe gegen Zivilist*innen bekannt wurden. Der Name des ausgezeichneten Projektes lautet: Fano’s Kingdom (Äthiopien, 2025).
