Das Bündnis F5 fordert anlässlich des „Gipfels zur Europäischen Digitalen Souveränität“ am 18. November in Berlin, die Abhängigkeiten von Big-Tech-Unternehmen endlich wirksam zu reduzieren. Der Zusammenschluss aus AlgorithmWatch, Gesellschaft für Freiheitsrechte, Open Knowledge Foundation Deutschland, Reporter ohne Grenzen und Wikimedia Deutschland begrüßt, dass die Bundesregierung eine gemeinsame Herangehensweise auf europäischer Ebene anstrebt. Es fehlen jedoch Vorschläge, die die zukünftige Digitalpolitik am Gemeinwohl ausrichten und der Machtkonzentration großer Digitalkonzerne entschieden entgegentreten. F5 fordert ein Bekenntnis zur Durchsetzung beschlossener Digitalgesetze und umfassende Investitionen in ein europäisches digitales Ökosystem, das auf den Prinzipien von Offenheit und Nachhaltigkeit fußt.
Die Abhängigkeit von vornehmlich amerikanischen Big-Tech-Unternehmen ist heute nicht nur ein geopolitisches Risiko. Sie beschränkt die demokratische Handlungsfähigkeit: Entscheidungen über die Ausgestaltung nachhaltiger Medienlandschaften, den Schutz vor digitaler Gewalt und Polarisierung oder über Klimaauswirkungen großer Rechenzentren sind heute getrieben, nicht souverän oder gar unabhängig. In den bisherigen Vorzeigeprojekten des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) – der Modernisierungsagenda und dem Deutschland-Stack – findet sich bis jetzt noch wenig Konkretes dazu, wie die „digital-souveräne” Gesellschaft aussehen soll.
Dabei kommen aus der Zivilgesellschaft seit Jahren konkrete Handlungsempfehlungen, wie der Weg hin zu einer besseren Digitalpolitik aussehen kann. Die vorläufige Abschlusserklärung des Gipfels berücksichtigt diese weiterhin nicht ausreichend.
Den Bekenntnissen zu fairen Märkten und Wettbewerb müssen Taten folgen: Der bestehende Digitalrechtsrahmen aus DSA, DMA und AI Act muss gestärkt und entschieden durchgesetzt werden. Ein aktueller Anlass dazu wäre die Untersuchung systemischer Risiken für die Medienvielfalt durch Googles neu eingeführte KI-Übersichten. Um nicht nur die Symptome der Marktmacht zu bekämpfen, braucht es eine starke Wettbewerbspolitik. Das Bundeskartellamt sollte Sektoruntersuchungen für den Cloud- und KI-Sektor einleiten, das europäische Wettbewerbsrecht muss, wo notwendig, angepasst werden.
Eine Abkehr von Big Tech erfordert dabei eigene Alternativen. Mit dem neuen EDIC Digital Commons, sowie den deutschen Mitgründern ZenDiS und Sovereign Tech Agency gibt es gute Ansätze. Wenn sie jedoch nur zaghaft ausgestattet werden und die Abschlusserklärung weiterhin vor einer Anerkennung der zentralen Rolle offener Alternativen zurückschreckt, können sie nicht den notwendigen Wandel herbeiführen. Hierzu braucht es ein klares Bekenntnis zu nachhaltigen Open Source-Lösungen, untermauert mit Investitionen, sowie einer verbindlichen Berücksichtigung in der Vergabepraxis. Anstelle hunderte Millionen Euro jährlich an Microsoft und Co. zu überweisen, muss die öffentliche Verwaltung Kompetenzen internalisieren und Strukturen aufbauen.
Zu einem „europäischen digitalpolitischen Weg” gehört zudem ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit sowie zu Grund- und Menschenrechten. Das Ziel darf es nicht sein, grundrechtsfeindliche Überwachungstechnologien und schädliche Praktiken von Big Tech lokal zu replizieren.
Der derzeitige Kurs zeigt dagegen in eine andere Richtung. Unter dem Banner der Vereinfachung treiben Deutschland und Frankreich auf EU-Ebene im Digitalomnibus ein Deregulierungsprogramm voran. Ohne Folgenabschätzung sollen zentrale Grundrechte abgeschwächt werden. Dadurch werden keine eigenen Alternativen gestärkt, sondern Abhängigkeiten zementiert.
Wichtiger als ein medienwirksamer Gipfel wäre verbindliches Handeln. Deutschland, Frankreich und Europa haben das Potenzial, einen eigenen klaren Pfad einzuschlagen: hin zu offenen digitalen Ökosystemen, die Grundrechte wahren und fördern sowie demokratische Prinzipien respektieren.
