Mexiko

UN-Beschwerden zu verschwundenen Journalisten

UN-Beschwerden zu verschwundenen Journalisten
© Propuesta Cívica
María Esther Aguilar Cansimbe und José Antonio García Apac sind vor über 15 Jahren verschwunden.

Mindestens 28 Journalistinnen und Journalisten gelten in Mexiko als verschwunden, einige von ihnen seit fast zwei Jahrzehnten. Anlässlich des Internationalen Tages der Opfer des Verschwindenlassens (30.08.) haben Reporter ohne Grenzen (RSF) und die mexikanische Organisation Propuesta Cívica zwei Beschwerden beim UN-Menschenrechtsausschuss in Genf eingereicht. Ziel ist es, den mexikanischen Staat zur Verantwortung zu ziehen und Gerechtigkeit für die Opfer und Familien zu erreichen. Konkret geht es um die Fälle der Journalistin María Esther Aguilar Cansimbe und des Journalisten José Antonio García Apac, die 2009 bzw. 2006 im Bundesstaat Michoacán verschwunden sind.

„Die mexikanische Regierung muss endlich Verantwortung für das Verschwinden von María Esther Aguilar Cansimbe und José Antonio García Apac sowie der vielen anderen Journalistinnen und Journalisten übernehmen“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Für die Angehörigen der Opfer sind die Untätigkeit der Behörden und die andauernde Straflosigkeit kaum zu ertragen. Sie verdienen Gerechtigkeit. Daher wenden wir uns jetzt an den UN-Menschenrechtsausschuss.“

Gravierende Mängel bei den Ermittlungen

María Esther Aguilar Cansimbe berichtete für die Lokalmedien El Diario de Zamora und El Cambio de Michoacán über Menschenrechte und staatliche Gewalt. Sie verschwand am 11. November 2009, nachdem sie einen Anruf erhalten und ihr Haus eilig verlassen hatte. Die Ermittlungen waren von schwerwiegender Nachlässigkeit geprägt: Es gab keine sofortige Suche, wesentliche Beweise wurden nicht erfasst und grundlegende Ermittlungen jahrelang verzögert.

José Antonio García Apac, Gründer und Herausgeber der Wochenzeitung Eco de la Cuenca del Tepalcatepec, verschwand am 20. November 2006, nachdem er mutmaßlich von Angehörigen des Militärs in der Stadt Buenavista Tomatlán aufgegriffen worden war. Seit über 18 Jahren ignorieren die Behörden zentrale Spuren, die mit seiner journalistischen Arbeit und einer mutmaßlichen staatlichen Beteiligung an seinem Verschwinden zusammenhängen.

Die beiden Fälle verdeutlichen: In Mexiko sind Journalistinnen und Journalisten mit systematischer Gewalt konfrontiert. Einschüchterungen, gewalttätige Übergriffe, Entführungen und Morde sollen kritische Stimmen zum Schweigen bringen. Der Staat bleibt weitgehend untätig und Verbrechen meist völlig unbestraft. Der internationale Rechtsweg über die UN bleibt die einzige Möglichkeit, Gerechtigkeit herzustellen.

Auch in zwei weiteren Fällen gibt es keine Fortschritte

RSF und Propuesta Cívica hatten bereits Ende 2022 zwei weitere Fälle von verschwundenen Journalisten beim UN-Menschenrechtsausschuss eingereicht: Mauricio Estrada Zamora und Ramón Ángeles Zalpa sind 2008 bzw. 2010 ebenfalls im Bundesstaat Michoacán verschwunden. Im Fall von Ángeles Zalpa hatte der mexikanische Staat in einem im April 2025 veröffentlichten Bericht jede Verantwortung für das Verschwinden des Journalisten zurückgewiesen und 15 Jahre Straflosigkeit heruntergespielt. RSF und Propuesta Cívica erwiderten daraufhin in einer Stellungnahme, dass der Staat gegen seine menschenrechtlichen Verpflichtungen verstoßen habe und die Ermittlungen blockiere. Im Fall von Estrada Zamora kam seit fast drei Jahren keine Antwort vom mexikanischen Staat.

Die beiden Organisationen begründen die Beschwerden damit, dass Mexiko aufgrund der erheblichen Versäumnisse bei den Ermittlungen gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (kurz UN-Zivilpakt) verstoßen hat. Sie fordern den Menschenrechtsausschuss deshalb auf, an die mexikanische Regierung zu appellieren, effizient und lückenlos zu ermitteln, die Familien für ihr jahrelang erlittenes Leid zu entschädigen sowie dafür zu sorgen, dass solche Fälle sich nicht wiederholen. Der Ausschuss hat die Kompetenz, Staaten Empfehlungen zu unterbreiten, wenn er Verstöße gegen den UN-Zivilpakt feststellt. Außerdem fordern RSF und Propuesta Cívica den Ausschuss auf, Fälle von verschwundenen Journalistinnen und Journalisten weltweit stärker zu überwachen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Mexiko auf Rang 121 von 180 Staaten.

Korrekturhinweis: Zunächst hieß es, dass mindestens 29 Journalist*innen in Mexiko verschwunden sind. Tatsächlich sind es 28. Das haben wir korrigiert.