In Großbritannien haben Abgeordnete Premierminister Keir Starmer in einem Brief aufgefordert, den Sohn des in Hongkong inhaftierten britischen Verlegers Jimmy Lai zu treffen. Sebastien Lai bittet seit mehr als zwei Jahren um ein Treffen mit Starmer. Er befürchtet, dass sein Vater im Gefängnis sterben könnte. Der 77-Jährige sitzt seit rund 1700 Tagen in Isolationshaft. Sein Gesundheitszustand hat sich verschlechtert. Im August musste eine Verhandlung wegen Herzproblemen verschoben werden. Starmer hatte laut Medienberichten im Oktober 2024 gesagt, dass Lais Freilassung eine Priorität der Regierung sei.
„Wir machen uns Sorgen, dass Jimmy Lai in Haft sterben könnte“, sagte Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen (RSF). „Wir unterstützen die Forderung seines Sohnes, den britischen Premierminister zu treffen. Sebastien Lai sollte aus erster Hand erfahren, was die Regierung unternimmt, um sicherzustellen, dass sein Vater nicht im Gefängnis stirbt. Jimmy Lai wird für seine mutige Arbeit bestraft. Er muss sofort freikommen.“
Die Hongkonger Justiz wirft Lai unter anderem sogenannte geheime Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften vor. Dafür droht ihm lebenslange Haft. Grundlage ist ein drakonisches Sicherheitsgesetz, das Hongkong 2020 durch Peking auferlegt wurde. Lai plädierte auf nicht schuldig. Der Verleger, der auch die britische Staatsbürgerschaft hat, hatte 1995 die Apple Daily gegründet. Die Tageszeitung war eines der wenigen großen Hongkonger Medien, die das chinesische Regime noch offen kritisiert und ausführlich über die Demokratiebewegung der Stadt berichtet hatten. Im Juni 2021 musste die Zeitung schließen.
Lai leidet an Diabetes. Laut seiner Familie und seinem Anwaltsteam hat er Gewicht verloren und wirkt gebrechlich. Im August sagte sein Anwalt, Lai habe unter Herzrasen gelitten und zwischendurch das Gefühl gehabt, im Gefängnis zusammenzubrechen. Bereits im März sagte Sebastien Lai, er befürchte, sein Vater könne „jederzeit“ sterben. Die Bedingungen, unter denen sein Vater in Haft sitzt, seien „unmenschlich für jeden, egal welchen Alters.“ Im Prozess sind die Schlussplädoyers inzwischen abgeschlossen. Wann das Urteil fällt, steht noch nicht fest.
„Jimmy Lai ist zwar vor allem als Medienbesitzer und Unternehmer bekannt, aber er ist in erster Linie Vater und Großvater, dessen anhaltende unrechtmäßige Haft für seine Familie äußerst belastend ist“, schreiben die Abgeordneten in dem Brief an Starmer. „Bei einem Treffen mit Sebastien Lai – der selbst zum ersten Mal Vater geworden ist, während sein Vater im Gefängnis sitzt – könnten Sie sich aus erster Hand über die Auswirkungen der anhaltenden Haft von Jimmy Lai informieren und zeigen, wie sich die Regierung für die Rechte von willkürlich im Ausland inhaftierten britischen Staatsangehörigen einsetzt.“
Den Brief haben Abgeordnete verschiedener Parteien unterzeichnet. Sie leiten Parlamentariergruppen unter anderem zu den Themen Menschenrechte, Medienfreiheit und Hongkong. Auch RSF hat Starmer wiederholt aufgefordert, Sebastien Lai zu treffen.
Hongkong war einst eine Bastion der Pressefreiheit. Doch die Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten haben sich deutlich verschlechtert. Seit das Sicherheitsgesetz 2020 in Kraft getreten ist, haben die Behörden mit diesem und weiteren Gesetzen mindestens 28 Medienschaffende verfolgt. Acht von ihnen sind immer noch in Haft. Die Behörden ließen die Zeitung Apple Daily und die Nachrichtenseite Stand News schließen, auch einige kleinere Medien haben aus Angst um ihre Sicherheit die Arbeit eingestellt. Aus dem Exil etwa in Großbritannien und Taiwan informieren Medienschaffende weiter.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Hongkong auf Platz 140 von 180 Staaten.
