Gemeinsam mit 16 weiteren Organisationen hat Reporter ohne Grenzen (RSF) in einem offenen Brief von der deutschen Bundesregierung gefordert, sich für eine teilweise oder vollständige Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel einzusetzen. Hintergrund sind massive Menschenrechtsverletzungen durch das israelische Militär im Gazastreifen, darunter gezielte Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten. Zudem fordern die Organisationen, dass internationale Medienschaffende ungehinderten Zugang nach Gaza erhalten.
„Unter der Katastrophe in Gaza leiden diejenigen ganz besonders, die über sie berichten – denn sie werden gezielt attackiert“, sagte RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Wir bitten die Bundesregierung deshalb nachdrücklich, sich den Empfehlungen der EU anzuschließen und für die teilweise oder vollständige Aussetzung des Assoziierungsabkommens zu stimmen.“ RSF hatte bereits im Juli die Aussetzung des Abkommens gefordert. Damals sagte Osterhaus: „Wenn über 200 Medienschaffende in fast zwei Jahren in einem Krieg getötet werden – viele davon vermutlich gezielt –, muss Europa ganz klar Haltung zeigen. Die EU darf dieses Verhalten nicht billigen und sollte alle verfügbaren Hebel nutzen, um Israel dazu zu bewegen, sich an das Völkerrecht zu halten.”
RSF und die unterzeichnenden Organisationen bitten die deutsche Bundesregierung nachdrücklich:
- sich unverzüglich und öffentlich für die teilweise oder vollständige Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel auszusprechen und andere EU-Mitgliedstaaten zu ermutigen, diesem Beispiel zu folgen;
- die Forderungen an die israelische Regierung zu verstärken, unverzüglich die dringende Lieferung von Lebensmitteln, sauberem Wasser und medizinischen Hilfsgütern an alle Medienschaffende in Gaza über geschützte humanitäre Korridore zuzulassen;
- die Forderungen an die israelische Regierung zu verstärken, die Blockade der Einreise ausländischer Medienschaffender nach Gaza aufzuheben;
- und nachdrücklich eine unabhängige Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung derjenigen zu fordern, die für das Aushungern und Töten von Medienschaffenden verantwortlich sind (im Einklang mit der Resolution 2222 des Sicherheitsrats von 2015 zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten in bewaffneten Konflikten).
Artikel 2 des Abkommens schreibt Achtung der Menschenrechte vor
Immer mehr EU-Mitgliedstaaten sprechen sich dafür aus, handelsbezogene Bestimmungen des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel auszusetzen. Auch die Europäische Kommission hat dies formell vorgeschlagen. Das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel ist ein umfassendes Handels- und Kooperationsabkommen, das seit dem Jahr 2000 in Kraft ist. Es regelt unter anderem Zollvergünstigungen, wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie den politischen Dialog. Artikel 2 des Abkommens legt fest, dass die Achtung der Menschenrechte und demokratischer Prinzipien eine zentrale Grundlage der Partnerschaft ist.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit stehen die Palästinensischen Gebiete auf Platz 163 von 180. Im Gazastreifen hat die Hamas die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten immer wieder stark eingeschränkt, auch vor dem 7. Oktober 2023. An diesem Tag töteten die Terroristen auch einen israelischen Journalisten. RSF kritisiert die Einschränkungen der Pressefreiheit durch die Hamas seit Jahren und verurteilt auch das Massaker des 7. Oktober. Israel steht auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Rang 112. Nach dem 7. Oktober stieg auch in Israel der Druck auf Medienschaffende stark an. Desinformationskampagnen sind häufig, der katarische Sender al-Dschasira wurde per Gesetz verboten.
