Die iranische Journalistin, Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi ist wieder in Haft. Sie hatte am 12. Dezember an einer Gedenkfeier für den verstorbenen Anwalt Khosrow Alikordi in der Stadt Mashhad im Nordosten des Landes teilgenommen. Laut Augenzeugenberichten wurden weitere Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen wie Alieh Motalebzadeh, Sepideh Gholian, Hasti Amiri und Pouran Nazemi ebenfalls festgenommen. Die iranischen Behörden haben bislang keine Informationen über den Verbleib von Mohammadi und der anderen Inhaftierten sowie über den offiziellen Grund für ihre Inhaftierung bekannt gegeben. Das Free Narges Coalition Steering Committee, zu dem auch Reporter ohne Grenzen (RSF) gehört, verurteilt die Festnahmen.
„Die gewaltsamen Festnahmen von Narges Mohammadi und weiteren Teilnehmenden der Gedenkfeier in Mashhad sind ein schockierender Angriff auf alle Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen im Iran”, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Die iranischen Behörden wollen all jene, die sich laut und mutig für die Menschenrechte im Land einsetzen, zum Schweigen bringen. Das darf nicht passieren, wir fordern ihre sofortige und bedingungslose Freilassung!”
Mohammadi war bereits Drohungen ausgesetzt
Mohammadi saß bereits über zehn Jahre im Gefängnis. Ihr wird „Propaganda gegen den Staat“ und „Verschwörung gegen die Staatssicherheit“ vorgeworfen. Vor einem Jahr wurde sie wegen gesundheitlicher Komplikationen nach einer Operation unter Auflagen aus der Haft entlassen. Seitdem war sie wiederholt mit dem Tode bedroht worden. Eine staatlich orchestrierte Online-Kampagne forderte ihre Rückverlegung in die Haft – als Strafe für ihre anhaltende Menschenrechtsarbeit. Im Juli 2025 warnte das Informationsministerium Mohammadis Anwälte: Die Menschenrechtsaktivistin dürfe nicht öffentlich aktiv werden, keine Interviews geben oder Menschenrechtsgruppen mobilisieren, sonst müsse sie mit Konsequenzen rechnen.
Auf einem Foto und einem Video ist Narges Mohammadi zusammen mit Khosrow Alikordis Bruder, Javad Alikordi, der ebenfalls Anwalt ist, sowie der Menschenrechtsverteidigerin, Schriftstellerin und Journalistin Sepideh Gholian bei der Gedenkfeier in Mashhad zu sehen. In der Aufnahme ruft sie: „Lang lebe der Iran“.
Menschenrechtsanwalt tot aufgefunden – Vorwürfe staatlicher Beteiligung
Der prominente Anwalt Khosrow Alikordi war am 5. Dezember tot aufgefunden worden. Er hatte sich für Dissident*innen, Demonstrant*innen und politische Gefangene im Iran eingesetzt, und saß selbst von Februar 2023 bis Februar 2024 in Haft. Die genauen Umstände seines Todes sind unklar: Offizielle Stellen, darunter der Generalstaatsanwalt von Mashad, sprechen von einem Herzinfarkt – Angehörige, Kolleg*innen und Menschenrechtsgruppen vermuten einen gezielten Mord.
Bei der Gedenkfeier nahmen die Sicherheitskräfte auch die Fotojournalistin und Frauenrechtsaktivistin Alieh Motalebzadeh fest, die bereits von Oktober 2020 bis Februar 2023 im Gefängnis saß.
Für ihren unermüdlichen Einsatz für die Menschenrechte im Iran wurde Mohammadi mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter 2023 mit dem Friedensnobelpreis, dem UNESCO-Pressefreiheitspreis und dem PEN/Barbey Freedom to Write Award. 2022 erhielt sie den RSF-Press Freedom Award für Mut.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht der Iran auf Platz 176 von 180 Staaten.
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