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Irak

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 169 von 180
Irak 01.04.2003

Reporter ohne Grenzen über Vorgehen britisch-amerikanischer Streitkräfte gegenüber Journalisten im Irak äußerst besorgt

Reporter ohne Grenzen wirft den britisch-amerikanischen Streitkräften vor, die Arbeit und Sicherheit von Journalisten, die vom Kriegsgeschehen berichten, zu missachten. Die internationale Organisation zur Verteidigung der Pressefreiheit fordert die Alliierten auf, eine interne Untersuchung über die Behandlung der Presse durch Armeeangehörige einzuleiten und ihre Ergebnisse zu veröffentlichen.

"Journalisten gerieten unter Beschuss, wurden verhaftet, oft über mehrere Stunden verhört, misshandelt und geschlagen", berichtet Robert Ménard, Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, in Paris. "Außerdem wurde das Informationsministerium in Bagdad zwei Mal bombardiert, obwohl allgemein bekannt ist, dass die internationalen Nachrichtenagenturen dort untergebracht sind", sagt Ménard weiter.

Eine vierköpfige Gruppe unabhängiger Journalisten, Dan Scemama und Boaz Bismuth aus Israel und Luis Castro und Victor Silva aus Portugal, beschuldigen die US-amerikanische Militärpolizei, ihnen "die schlimmsten 48 Stunden ihres Lebens" bereitet zu haben. Die Vier hielten sich in der Nähe einer US-Militäreinheit zwischen den Städten Kerbala und Najaf auf, als sie am 25. März aus dem Schlaf gerissen und festgenommen wurden. Obwohl sie ihre Presseausweise zeigten, wurden sie bedroht, misshandelt und in einem Jeep über 36 Stunden lang festgehalten. Sie durften weder ihre Nachrichtenagenturen noch ihre Familienangehörigen verständigen.

"Die US-Soldaten warfen uns vor, wir seien Terroristen und Spione, und so behandelten sie uns auch", sagt Scemama, der für den israelischen Fernsehsender Channel One arbeitet. "Sie wollen allen Journalisten, die aus dem Irak berichten, einen Verbindungsoffizier an die Seite stellen, um die Berichterstattung zu kontrollieren. Für mich besteht kein Zweifel darüber, dass sie uns deshalb so schlecht behandelt haben", ergänzt er weiter. Die Vier hatten den Eindruck, dass die US-amerikanische Armee alles daran setzt, die Bewegungsfreiheit unabhängiger Reporter einzuschränken. Journalisten aus Kuwait berichteten, auch dort seien Kollegen bedroht und über mehrere Stunden verhört worden. Britische und US-amerikanische Militärs hätten außerdem verhindert, dass unabhängige Journalisten die Grenze zum Irak passieren konnten.

Das Informationsministerium in Bagdad wurde am 29. und 30. März bombardiert. Dabei wurde auch die Ausstattung der dort untergebrachten internationalen Nachrichtenagenturen beschädigt. Die erste Rakete des Luftangriffs am 29. März zerstörte die übertragungsvorrichtungen auf dem Dach des Gebäudes.

Der Kameramann des arabischen Senders Al Dschasira, Akil Abdel Reda, wurde am 29. März von US-amerikanischen Soldaten über 12 Stunden lang festgehalten und verhört. Ein Sprecher von Al Dschasira in Katar meldete, ihr Kameramann sei verhältnismäßig gut behandelt worden. Der Sender betonte, sie hätten die US-amerikanischen Behörden vor Kriegsausbruch über ihre Präsenz im Irak informiert. Der Kameramann war mit seinem Team in einem zivilen Fahrzeug unterwegs, um über die Lebensmittelvergabe irakischer Behörden in Basra zu berichten, als britische Panzer das Feuer eröffneten.

Der US-amerikanische Journalist und Freelancer, Phil Smucker, vom Christian Science Monitor in Boston und Daily Telegraph in London, wurde von US-Militärs aus dem Irak ausgewiesen mit der Begründung, er habe durch sein Interview mit dem Sender CNN am 26. März die Sicherheit einer Militäreinheit gefährdet, weil er zu detaillierte Informationen veröffentlicht habe.

Vier Journalisten des britischen Senders ITN gerieten am 22. März in Basra unter Beschuss. Der britische Journalist Terry Lloyd kam bei dem Feuergefecht ums Leben, von dem französischen Kameramann Frédéric Nerac und dem libanesischen übersetzer Hussein Othman fehlt seitdem jede Spur. Reporter ohne Grenzen hat US-General Tommy Franks aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten und den Vorfall aufzuklären.

Aufgrund der Ereignisse ist die Organisation vor allem um die Sicherheit von Journalisten besorgt, die nicht zu den "eingebetteten" Reportern zählen.

Außerdem fordert Reporter ohne Grenzen die irakischen Behörden auf, den Verbleib von vier Journalisten aufzuklären, die seit einer Woche als vermisst gelten. Nach Aussagen ausländischer Korrespondenten in Bagdad sollten die Vier abgeschoben werden. Seitdem fehlt jede Spur.

Zwei Reporter der US-amerikanischen Tageszeitung Newsday, der Peruaner Moises Saman und der Brite Matthew McAllester, wurden zuletzt am 24. März im Hotel Palestine in Bagdad gesehen. Journalisten vor Ort berichteten, dass die beiden abgeschoben werden sollten, weil sie mit einem Touristenvisum eingereist seien. Auch die US-amerikanische Fotoreporterin und Freelancerin, Molly Bingham, sowie Johann Spanner von der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten, sollten ausgewiesen werden.

 

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