Digitaler Quellenschutz

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Kritischer Journalismus ist nur möglich, wenn sich Personen vertrauenswürdig an Medien wenden können, um Missstände aufzudecken. Journalist*innen genießen daher besondere Schutzrechte vor staatlichen Eingriffen in ihre Arbeit. Sie dürfen in Deutschland zum Beispiel vor Gericht schweigen und Redaktionen dürfen nicht durchsucht werden, wenn dabei die Identität von Informant*innen herauskommen soll.

Im digitalen Raum werden diese Schutzrechte zunehmend angegriffen. Der Bundestag hat 2021 eine Reihe an neuen Sicherheitsgesetzen beschlossen, die den Nachrichtendiensten weitreichende Überwachungsbefugnisse einräumen. Mitarbeitende des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) und des Verfassungsschutzes auf Bund- und Länderebene dürfen nun Smartphone und Computer hacken, um verschlüsselte Gespräche abzuhören und Nachrichten mitzulesen (sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung). Bei der Auslandsüberwachung, von der keine deutschen Bürger*innen betroffen sind, darf der BND auf sämtliche gespeicherten Dokumente, Fotos, usw. des überwachten Systems zugreifen (Online-Durchsuchung).

Starke Schutzrechte für Medien vor digitaler Überwachung

Reporter ohne Grenzen setzt sich dafür ein, dass bei diesen Maßnahmen Journalist*innen weiterhin stark geschützt sind, damit zum Beispiel das Redaktionsgeheimnis nicht digital ausgehebelt werden kann. Zwar hat die Bundesregierung diese Reformen gewiss nicht mit dem Ziel initiiert, Journalist*innen stärker überwachen zu können – doch allzu häufig werden die Rechte von Medien im Digitalen en passant beschnitten. RSF versteht sich hier als Wächter und kämpft dafür, dass die hohen Standards aus dem Analogen ins Digitale übertragen werden.

Wir fordern ein absolutes Verbot der Quellen-Telekommunikationsüberwachung und der Online-Durchsuchung bei Journalist*innen und Medienunternehmen, um das Redaktionsgeheimnis zu wahren. Außerdem braucht es stärkere Auskunftsrechte von Medien gegenüber Sicherheitsbehörden, um überhaupt erst erfahren zu können, ob die Behörden in die Pressefreiheit eingegriffen haben oder nicht. Derzeit ist dies häufig unklar, wodurch ein Klima der Unsicherheit zwischen Journalist*innen und ihren Quellen entstehen kann. Einen solchen „Chilling Effect“ möchten wir verhindern, indem der Gesetzgeber Sicherheitsgesetze so restriktiv wie möglich fasst.

Recht auf Anonymität stärken

Neben einer Zurückhaltung bei möglichen Eingriffen in journalistische Schutzrechte fordert Reporter ohne Grenzen außerdem, dass sich Deutschland und andere Staaten aktiv für Freiheitsrechte im Internet einsetzen. Hierzu gehört neben einer Stärkung beim Einsatz von Verschlüsselung insbesondere auch die Garantie des Rechts auf Anonymität. In vielen Bereichen der journalistischen Arbeit ist es essentiell, anonym arbeiten zu können; zum Beispiel, wenn Quellen sich an Journalist*innen wenden wollen oder Medien in repressiven Ländern verdeckt arbeiten müssen.

Reporter ohne Grenzen betreibt daher seit vielen Jahren zwei Server im Tor-Netzwerk. Mit diesem Anonymisierungsnetz können Menschen auf der ganzen Welt anonym das Internet nutzen. Außerdem eignet sich die Onion-Technologie („Darknet“) besonders gut, um anonyme Briefkästen zu betreiben. Gegen eine Kriminalisierung eines solchen Einsatzes für Anonymität wehren wir uns.