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Russland

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 162 von 180
Russland 05.09.2007

Widersprüchliche Aussagen im Mordfall Politkowskaja. Reporter ohne Grenzen zweifelt an professionell geführten Ermittlungen

„Zahlreiche Widersprüche über die Festnahme von zehn Verdächtigen im Mordfall Politkowskaja lassen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Ermittlungsergebnisse der russischen Behörden aufkommen“, kommentiert Reporter ohne Grenzen (ROG) die im Fall Anna Politkowskaja bekannt gewordenen Informationen. „Doch bei all der Verwirrung darf ein wichtiger Umstand nicht aus den Augen verloren werden: Staatsbeamte und Polizisten haben laut Ermittlungen den Tätern bei der Vorbereitung des Mordes geholfen“, betont die Organisation.

Zwei Verdächtige, die auf der von der Tageszeitung Twoi Djen am 28.08. veröffentlichten Liste standen, sind mittlerweile aus Mangel an Beweisen wieder auf freiem Fuß. Zwei weitere sollen nun doch wegen anderer Strafsachen inhaftiert worden sein. Die Staatsanwaltschaft hatte sich nicht zu den in der Zeitung genannten Namen geäußert, allerdings wird jetzt untersucht, wie diese Namen an die Zeitung gelangen konnten.

Die Einrichtung einer zweiten Ermittlungskommission und eine direkt ausgeübte Kontrolle durch den Abteilungsleiter der Staatsanwaltschaft Iwanow, wie sie am 04.09 von der Staatsanwaltschaft verkündet wurde, beurteilt ROG kritisch. Dem bisher mit dem Fall beauftragten Chefermittler, Petros Garibjan, hätten alle Betroffenen, von der Nowaja Gaseta bis zu den Angehörigen, große Professionalität und Integrität bescheinigt. Machtkämpfe und Umstellungen innerhalb der Staatsanwaltschaft seien der Aufklärung des Mordes nicht zuträglich.

„Die Drahtzieher der Tat dürfen nicht im Dunkeln bleiben. Sich auf Feinde außerhalb Russlands zu beschränken, wie es Generalstaatsanwalt Tschaika in seiner Erklärung nahe legt, ist absurd. Diese Art der Spekulation erinnert an Sowjetzeiten und ist in hohem Maße unprofessionell“, unterstreicht die Organisation.

Anna Politkowskaja, die über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien berichtet hatte, war am 7. Oktober vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen worden. Kurz vor ihrem Tod sagte sie gegenüber der BBC, dass Präsident Putin Terrorakte bewusst provoziert habe, etwa das Geiseldrama in einem Moskauer Theater 2002.

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Jakob Preuss
GUS-Referent
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