Meldungen aus den Projektländern des Defending Voices Program

Mexiko 11.06.2021

Zweite Verurteilung im Fall Javier Valdez

Gedenken an Javier Valdez © picture alliance / AP Photo / Enric Marti

Reporter ohne Grenzen begrüßt den Schuldspruch im Prozess um den Mord an dem mexikanischen Journalisten Javier Valdez. Nach Ansicht des Gerichts gab es ausreichend Beweise dafür, dass der Angeklagte Juan Francisco Picos Barrueta, genannt „El Quillo“, Mitglied des Sinaloa-Kartells, einer der Mörder des Journalisten ist. Das Strafmaß wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. Javier Valdez war am 15. Mai 2017 am helllichten Tag in Culiacán im Bundestaat Sinaloa erschossen worden, nur wenige Schritte von den Büros von Ríodoce entfernt, einer auf organisierte Kriminalität und den Drogenkrieg spezialisierte Wochenzeitung, deren Mitbegründer und Kolumnist er war.

„Mehr als vier Jahre nach der Ermordung von Javier Valdez ist diese Verurteilung ein wichtiger Schritt hin zur Gerechtigkeit. Sie ist aber auch in erster Linie das Ergebnis kontinuierlicher Bemühungen und Forderungen seiner Familienangehörigen und zivilgesellschaftlicher Organisationen wie RSF, die sie in ihrem Kampf für Gerechtigkeit begleiten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Die mexikanischen Behörden müssen weiter ermitteln, um den Drahtzieher des Verbrechens zu überführen, und sie müssen dafür sorgen, dass es eine umfassende Wiedergutmachung für die Hinterbliebenen gibt.“

In der einmonatigen mündlichen Verhandlung wurden 58 Beweisstücke vorgelegt, darunter Aussagen von Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen sowie Dokumente und Beweisgegenstände. Sie wurden sowohl von der Sonderstaatsanwaltschaft für Verbrechen gegen die Meinungsfreiheit FEADLE als auch von der RSF-Partnerorganisation Propuesta Cívica eingebracht, die die Familie im Prozess vertrat. Die Beweismittel belegen nach Ansicht des Gerichts eine Beteiligung des Angeklagten an der Planung und Ausführung des Verbrechens. Picos Barrueta hat bis heute kein Geständnis abgelegt, so dass ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu 50 Jahren droht. Hätte er bei den Ermittlungen kooperiert und den Auftraggeber benannt, hätte er laut Angebot der Staatsanwaltschaft mit 21 Jahren rechnen können.

Während des Prozesses erkannte Richter José Noé Egure Yáñez an, dass Valdez aufgrund seiner journalistischen Recherchen getötet wurde, und benannte zudem den wahrscheinlichen Drahtzieher des Verbrechens: Dámaso López Serrano, genannt „El Mini Lic“. Nach Ansicht des Richters hatte der Kriminelle, Sohn eines einflussreichen Mitglieds im Sinaloa-Kartell, den Mord an Valdez nach der Veröffentlichung eines kritischen Artikels in Auftrag gegeben. López Serrano befindet sich seit 2017 wegen Drogenhandels in Haft in den USA.

Vergangenes Jahr verurteilten die Behörden Heriberto Picos Barraza zu 14 Jahren und acht Monaten Gefängnis für seine Beteiligung an dem Mord. Der dritte Verdächtige, Juan Ildefonso Sánchez, wurde 2017 in Sonora ermordet aufgefunden.

Reporter ohne Grenzen und Propuesta Cívica begrüßen das Urteil auch deshalb, weil es zeigt, dass die Sonderstaatsanwaltschaft FEADLE durchaus in der Lage ist, Morde an Medienschaffenden erfolgreich zu verfolgen und vor Gericht zu bringen, wenn der politische Wille, eine Beteiligung der Opfer und der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft und die mediale Unterstützung vorhanden sind.

Da der Mordfall erst abgeschlossen sein wird, wenn alle Verantwortlichen sich vor Gericht verantworten mussten, fordern bei beiden Organisationen die Behörden auf:

Das Gericht:

- Ein wegweisendes Urteil mit einer maximalen Haftstrafe für Juan Francisco Picos Barrueta zu fällen sowie eine angemessene Wiedergutmachung für die Hinterbliebenen zu beschließen.

Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft:

- Geheimdienstliche Maßnahmen durchzuführen, die erforderlich sind, um den Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Drahtzieher Dámaso López Serrano durchsetzen zu können.

- Die notwendigen Maßnahmen in der internationalen Zusammenarbeit mit den USA durchzuführen, damit der mutmaßliche Drahtzieher nach Mexiko ausgeliefert wird.

Den nationalen Schutzmechanismus für Journalistinnen und Menschenrechtsaktivisten:

- Die Familie des Opfers weiterhin umfassend zu schützen, da weiterhin die Gefahr von Übergriffen besteht.

Die Exekutivkommission für die Betreuung von Opfern:

- Sich um die indirekten Opfer der Straftat zu kümmern und so ihr Recht auf umfassende Aufmerksamkeit und Wiedergutmachung zu achten.

Propuesta Cívica ist die mexikanische Partnerorganisation von Reporter ohne Grenzen im Programm „Defending Voices“. Dieses hat zum Ziel, Medienschaffende unter anderem in Mexiko zu stärken und zu schützen und die weit vorherrschende Straflosigkeit bei Gewaltverbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten zu beenden.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit liegt Mexiko auf Platz 143 von 180 Ländern.



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