Pressegespräch am 23.11.2021 online ICS

Belarus: Wie kann unabhängiger Journalismus überleben?

Eine Frau steht in Minsk / Belarus vor einem Räumpanzer und erhebt die Faust.
© Violetta Savchits

Es ist kein Geheimnis mehr, dass in Belarus einer der weltweit größten Feinde der Pressefreiheit regiert: Der Diktator Alexander Lukaschenko lässt Medienschaffende und ihre Familien erbittert verfolgen, Redaktionen schließen, Berufsorganisationen verbieten. Der Verfall der Pressefreiheit im Land vor den Toren der EU ist dramatisch, die Situation für kritische Journalistinnen und Journalisten kaum mehr auszuhalten. 

Seit der gefälschten Wiederwahl Lukaschenkos am 9. August 2020 haben RSF und die Weltorganisation gegen Folter (OMCT) dokumentiert, wie in fast 70 Fällen Medienschaffende in den Gefängnissen misshandelt wurden. Wenn unabhängige Berichterstattung im Land selbst unmöglich gemacht werden soll, kann dann zumindest Exil-Journalismus eine Lösung sein? Mit welchen Einschränkungen, und zu welchen Bedingungen? Darüber sprechen:

  • Ljubou Kaspjarowitsch, Journalistin des jahrelang drangsalierten und im Mai 2021 blockierten unabhängigen Nachrichtenportals tut.by, und
  • Barys Harezki, Journalist und stellvertretender Vorsitzender der im August 2021 per Gerichtsbeschluss aufgelösten Belarussischen Journalistenvereinigung BAJ, der langjährigen Partnerorganisation von RSF.

Moderation: Christopher Resch, RSF-Pressereferent

Wann: am Dienstag, den 23. November um 17 Uhr
Wo: online per Zoom (Einwähldaten nach Anmeldung) oder auf YouTube unter https://youtu.be/nhX5eXaULFc

Die Veranstaltung findet in deutscher und belarussischer Sprache statt und wird simultan gedolmetscht. Wir bitten um Anmeldung per E-Mail.

500 inhaftierte Medienschaffende, willkürliche Verbote

Die Bedrohungen für Reporterinnen und Journalisten in Belarus sind mannigfaltig. Etwa 500 Medienschaffende saßen seit der gefälschten Wiederwahl zumindest kurzzeitig im Gefängnis. In den Gefängnissen sind Folter und Misshandlungen dutzendfach belegt. Ebenso brachial geht das Regime auf legislativer Ebene vor, verschärft Mediengesetze, verbietet Organisationen und Fernsehsender und erweitert ständig die Liste angeblich „extremistischer“ Medien und Social-Media-Kanäle.

Unabhängige, gar kritische Nachrichtenportale stehen besonders im Fokus. Das bekamen Medien wie tut.by, Nascha Niwa oder Belsat TV ebenso zu spüren wie einzelne Journalistinnen und Journalisten. Vor allem das Schicksal des entführten Roman Protassewitsch (Raman Pratassewitsch) bewegte die Weltöffentlichkeit. Der Journalist war im Mai 2021 aus einem gewaltsam nach Minsk umgeleiteten Flugzeug heraus verhaftet worden. Später wurde Protassewitsch im Fernsehen vorgeführt und musste Lukaschenko bedingungslosen Respekt schwören. Bereits zwei Tage nach der Entführung hatte RSF nach dem Weltrechtsprinzip in Litauen Strafanzeige gegen Lukaschenko gestellt. Die litauische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Belarus auf Platz 158 von 180 Staaten.



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