Syrien 31.08.2015

Anti-Terror-Gericht spricht Mazen Darwish frei

©picture alliance/Eventpress

Reporter ohne Grenzen begrüßt die Entscheidung des syrischen Anti-Terror-Gerichts, die Vorwürfe gegen Mazen Darwish und seine Mitarbeiter vom Syrischen Zentrum für Medien- und Meinungsfreiheit (SCM) fallen zu lassen. Nach Angaben des SCM entschied das Gericht in Damaskus am Montag, die Fälle Darwishs und seiner Mitangeklagten fielen unter eine kürzlich verkündete Amnestie. Außerdem wies der Richter den zentralen Vorwurf der Unterstützung des Terrorismus ausdrücklich ab.

Darwish und zwei seiner Kollegen waren knapp dreieinhalb Jahre lang willkürlich festgehalten und in diese Zeit misshandelt, gefoltert und zeitweise an unbekanntem Ort festgehalten worden. Ihr Urteil soll nach ROG-Informationen am 16. September offiziell in Kraft treten, wenn es auch schriftlich vorliegt.

„Dieses längst überfällige Urteil ist eine späte Genugtuung für Mazen Darwish und alle, die in Syrien unter großen Gefahren für die Pressefreiheit kämpfen“, sagte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. „Darwish und seine Mitarbeiter hätten keinen einzigen Tag im Gefängnis verbringen dürfen. Die Terrorismusvorwürfe gegen sie waren von Anfang an absurd. Nun sollte das syrische Regime endlich auch die vielen anderen Medienschaffenden freilassen, die es immer noch wegen ihrer journalistischen Arbeit festhält.“

Das 2004 von Darwish gegründete SCM dokumentierte bis zum Februar 2012 Verletzungen der Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Arbeitsbedingungen von Journalisten und unterstützte Medienschaffende bei Streitigkeiten mit den Behörden. Immer wieder versuchte die Regierung, die Arbeit des Zentrums zu behindern; mehrfach wurde Darwish verhaftet. Nach Beginn der Massenproteste gegen Präsident Baschar al-Assad im Frühjahr 2011 dokumentierte das SCM auch die Namen der Verhafteten, Verschwundenen und Getöteten. 2012 ehrte Reporter ohne Grenzen Darwish für seinen Einsatz als Journalist des Jahres

Terror-Anklage wegen Berichten über Menschenrechtsverletzungen

Am 16. Februar 2012 wurden bei einer Geheimdienstrazzia in den Räumen des SCM in Damaskus zunächst vierzehn Menschen verhaftet. Mazen Darwish und seine Mitarbeiter Hussein Ghareer, Hani Al-Zitani, Mansur Omari und  Abd al-Rahman Hamada wurden ein Jahr später unter Terror-Anklage gestellt – unter anderem weil sie durch ihre Veröffentlichungen versucht hätten, die innenpolitische Situation zu stabilisieren. Während Omari und Hamada im Februar 2013 auf Kaution freikamen, blieben Zitani und Ghareer bis 17. beziehungsweise 18. Juli dieses Jahres und Darwish bis zum 10. August gefangen. 

Für die Freilassung der SCM-Mitarbeiter hat sich ROG zusammen mit mehr als 70 weiteren Menschenrechtsorganisationen eingesetzt. Auch die UN-Vollversammlung und das Europaparlament forderten ihre Freilassung. Zuletzt haben ROG und andere Nichtregierungsorganisationen den UN-Sicherheitsrat am Montag erneut aufgerufen, sich für Darwish und alle in Syrien verschwundenen Menschenrechtsverteidiger starkzumachen.

Derzeit mindestens 55 Medienschaffende in Syrien gefangen, vermisst oder entführt

Derzeit halten die syrischen Behörden mindestens 30 Journalisten und Bürgerjournalisten gefangen. Mindestens 25 weitere – darunter sechs Ausländer – werden als vermisst oder von der Dschihadistengruppe Islamischer Staat und anderen Extremistenorganisationen als Geiseln gehalten. 

Syrien ist derzeit das gefährlichste Land der Welt für Journalisten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht es auf Platz 177 von 180 Staaten. Reporter ohne Grenzen hat im Rahmen seiner Nothilfearbeit seit 2011 mehr als 40 Journalisten unterstützt, die aus Syrien nach Deutschland fliehen mussten. 



nach oben