07.02.2003

Aus Anlass des Deutschland-Besuches von Präsident Putin

Reporter ohne Grenzen fordert freie Berichterstattung aus Tschetschenien und die Achtung der Pressefreiheit in Russland

Präsident Putin muss endlich dafür Sorge tragen, dass Medien in Russland frei und ungehindert arbeiten können und eine unabhängige Berichterstattung aus und über Tschetschenien möglich wird.

Dies fordert die internationale Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RoG) in einem Brief an den russischen Präsidenten Wladimir Putin anlässlich seines Deutschland-Besuches am 9. Februar.

"Von einer demokratischen Regierung erwarten wir eine offene Informationspolitik, die Meinungsvielfalt zulässt. Genau das Gegenteil erkennen wir zur Zeit," schreibt Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen in Deutschland. "Wir sehen einen Staat, der eine Politik der Instrumentalisierung der Medien und der Beschränkung der Informationsmöglichkeiten mittels ökonomischer und politischer Kontrolle verfolgt", heißt es in dem Brief weiter.

Die Zerschlagung des Medienkonzerns MediaMost, die Einstellung der bedeutenden Printmedien Sewodnij und Itogi und die Schließung des unabhängigen Fernsehsenders TV6 hätten bereits einen beträchtlichen Rückschritt in der Meinungs- und Medienvielfalt in Russland bedeutet.

"Wir fürchten, dass diese Tendenz sich weiter fortsetzen wird und der Einfluss des Staates oder staatlich kontrollierter Konzerne auf unabhängige Medien wächst", erklärt die Menschenrechts-Organisation im Hinblick auf den Führungswechsel beim Fernsehsender NTW im Januar. Putin selbst hatte die Berichterstattung des Senders während der Geiselnahme im Oktober scharf kritisiert. Neuer Generaldirektor wurde der bis dahin stellvertretende Leiter der Abteilung Informationspolitik des halbstaatlichen Energiekonzerns Gasprom, der auch Eigentümer des Senders ist.

über Tschetschenien und die Lage der Menschenrechte dort gebe es ohnehin so gut wie keine unabhängigen Informationen, führt RoG aus. Journalisten dürften nur in Begleitung des russischen Militärs nach Tschetschenien reisen und würden von Gebieten, in denen sogenannte Anti-Terror-Aktionen stattfinden, fern gehalten.

In dem Brief beklagt Reporter ohne Grenzen zudem die zahlreichen Gewalttaten gegenüber Journalisten und fordert Putin auf, die Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen. Wörtlich heißt es: "Unsere Auswertungen für das Jahr 2002 ergeben, dass Russland leider wieder zu den für Journalisten gefährlichsten Regionen dieser Welt gehört.

Mindestens sieben Medienvertreter wurden im vergangenen Jahr in Ausübung ihres Berufes getötet, drei von ihnen gezielt wegen ihrer Recherchen und Berichte ermordet. In mindestens 19 Fällen wurden Journalisten tätlich angegriffen oder bedroht. Die Gewalt wird weiter gehen, so lange sich die Verantwortlichen für diese Taten in Sicherheit wähnen und ungestraft davon kommen."

Die Menschenrechtsorganisation begrüßt zwar Putins Veto gegen die von der Duma beschlossenen Gesetze zur "Bekämpfung des Terrorismus" und "zu den Massenmedien", stellt jedoch ebenso klar, dass die darin ursprünglich vorgesehenen Einschränkungen der Pressefreiheit auch künftig nicht umgesetzt werden dürfen und dass das liberale und demokratische Mediengesetz bestehen bleiben muss.

Für weitere Informationen:
Sabina Strunk
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