Mali 12.04.2024

Bundesregierung muss Verantwortung annehmen

Fast zwei Jahre lang war der französische Journalist Olivier Dubois in Mali von einer dschihadistischen Gruppe entführt. Am 20. März 2023 kam er frei. © picture alliance/dpa/MAXPPP | Nicolas Remene / Le Pictorium

Zensur in Mali: Die oberste Kommunikationsbehörde des westafrikanischen Landes hat die Berichterstattung über Parteien und politische Aktivitäten von Verbänden verboten. Seit den Staatsstreichen von 2020 und 2021 regiert eine Militärjunta das Land. Für Journalistinnen und Journalisten ist die Sahelzone eine der tödlichsten Regionen der Welt. Die am 7. November vergangenen Jahres von einer bewaffneten Gruppe entführten Journalisten, der Direktor des Community Radios Coton aus Ansongo, Saleck Ag Jiddou, sowie ein Moderator von Coton, Moustapha Koné, werden nach wie vor vermisst. Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßt Signale der Bundesregierung, Medienschaffende in Mali zu unterstützen und, etwa zukünftig im Rahmen der neuen Hannah-Arendt-Initiative, zu schützen.

„In Mali und der gesamten Sahelzone ist journalistische Arbeit angesichts von Militärregierungen und Terror oft sehr gefährlich“, sagt RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „Die Bundeswehr unterhielt während ihres Einsatzes in Mali Verbindungen zu Journalistinnen und Journalisten vor Ort. Es steht zu befürchten, dass sie gefährdet sind. Die Bundesregierung sollte ihre Verantwortung für Medienschaffende in Mali annehmen, etwa indem sie bei Bedarf Unterstützung anbietet. Jetzt braucht es mehr als nur Signale.“

Im Dezember 2023 endete die UN-Friedensmission MINUSMA in Mali, zugleich verließen die letzten Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr das Land. Die Bundesregierung antwortete Ende Februar dieses Jahres auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur Situation der Medienfreiheit und von Journalistinnen und Journalisten in Mali. Zu einer Verantwortung Deutschlands gegenüber Medienschaffenden, die mit der Bundeswehr während ihres Einsatzes in Mali zusammenarbeiteten, bekennt sie sich darin nicht. Jedoch betont sie, auch nach dem Ende der MINUSMA einen Beitrag zur Unterstützung der Bevölkerung leisten zu wollen. Zudem bekannten sich die Mitglieder der Sahel-Allianz unter deutschem Vorsitz Ende 2023 dazu, Medienarbeit und die Bereitstellung von faktenbasierten Informationen ins Zentrum ihrer Arbeit zu rücken.

Bundeswehr unterhielt Verbindung zu Radiostationen

Zwar waren keine malischen Medienschaffenden direkt bei der Bundeswehr angestellt. Aus der Antwort der Bundesregierung geht jedoch hervor, dass das deutsche Einsatzkontingent bei MINUSMA über Jahre hinweg Verbindung zu Radiostationen unterhielt. Auch im Bereich der Medien-Entwicklungszusammenarbeit bestanden zahlreiche Verbindungen, die nach dem Abzug der Bundeswehr weiter ausgebaut werden. So plant die Bundesregierung den Aufbau eines Mediennetzwerks, um Desinformationskampagnen entgegenzuwirken.

RSF begrüßt den Anspruch, unabhängigen Journalismus in der Region zu unterstützen. Gleichzeitig fordert die Organisation die Bundesregierung auf, sich ein detaillierteres Bild über die Gefahrensituation von Journalistinnen und Journalisten zu verschaffen und sich für ihren Schutz einzusetzen. Ohnehin sollte Schutz ein Kernbestandteil jeglicher Medien-Entwicklungszusammenarbeit sein. Die Antwort der Bundesregierung enthält keine Aussage dazu, ob und inwiefern Medienschaffende durch die Zusammenarbeit gefährdet wurden. Insbesondere sollte sie den Verbleib der Medienleute, mit denen die Bundeswehr und deutsche Organisationen in Kontakt standen, überprüfen und bei Bedarf Unterstützung gewährleisten.

Hannah-Arendt-Initiative soll Gefährdeten Schutz bieten

Als Antwort auf die Frage nach Aufnahmemöglichkeiten von gefährdeten Journalistinnen und Journalisten in Deutschland verweist die Bundesregierung auf die Hannah-Arendt-Initiative (HAI). Ziel ihres unter anderem mit Mitteln des Auswärtigen Amtes und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien initiierten Nothilfemoduls ist es unter anderem, Medienschaffende weltweit zu schützen. RSF begrüßt ausdrücklich die Erwähnung der HAI und die damit verbundene Möglichkeit der Aufnahme von Medienschaffenden aus Mali nach §22 Satz 2 AufenthG.

Als beratend an der Initiative beteiligte Organisation sieht RSF jedoch noch Klärungs- und Handlungsbedarf seitens der beteiligten Behörden. Auch bleibt die Zugänglichkeit der HAI für Medienschaffende vor Ort unklar. Sofern sie nicht bereits Kontakt zu Botschaften und NGOs haben, erfahren sie nicht, an wen sie sich wenden können. Hinzu kommt eine lange Bearbeitungszeit für Aufnahmeanträge, das selbstgesteckte Ziel einer Bearbeitungszeit von zwei bis sechs Wochen ist nicht realistisch. Im Oktober hatte RSF über das HAI-Nothilfemodul in einer Pilotphase Fälle von akut bedrohten Medienschaffenden – allerdings nicht aus Mali – eingereicht; von diesen ist bislang noch niemand nach Deutschland eingereist.

Die Antwort der Bundesregierung auf die Fragen nach der Situation von Medienschaffenden in Mali unterstreicht die Relevanz der HAI. Umso wichtiger ist es, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, die HAI langfristig und nachhaltig aufzusetzen.  

Auf der RSF Rangliste der Pressefreiheit steht Mali auf Platz 113 von 180.



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