Bahrain 19.01.2016

DFB muss bei FIFA-Nachfolge Stellung beziehen

Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa (rechts) Anfang 2015 mit FIFA-Präsident Sepp Blatter. © picture alliance / AA

Reporter ohne Grenzen fordert den Deutschen Fußball-Bund auf, sich in der Debatte um den künftigen Präsidenten des Fußball-Weltverbands FIFA gegen den bahrainischen Kandidaten Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa zu positionieren. Medienberichten zufolge wird sich das DFB-Präsidium am Mittwoch mit der Frage des künftigen FIFA-Präsidenten beschäftigen.

„Als Mitglied des bahrainischen Königshauses steht Scheich Salman für ein Regime, das kritische Blogger und Journalisten seit Jahren gnadenlos verfolgt“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Dieser Mann ist absolut ungeeignet als oberster Repräsentant des Weltfußballs. Salmans Kandidatur ist ein durchsichtiger Versuch Bahrains, den Spitzensport zur internationalen Imagepflege zu instrumentalisieren, während das Regime gleichzeitig gnadenlos gegen Kritiker im eigenen Land vorgeht.“

Die Repressionen Bahrains gegen Fotojournalisten, Kameraleute und andere Medienschaffende dauern seit dem Beginn einer Protestbewegung im Februar 2011 bis heute unvermindert an. Immer wieder werden Journalisten, die über Demonstrationen oder Missstände berichten, unter fingierten Anschuldigungen vor Gericht gestellt und zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Die erste Repressionswelle 2011 fiel in Scheich Salmans Zeit als Präsident des bahrainischen Fußballverbands; er soll damals einem Komitee vorgestanden haben, das an den Protesten beteiligte Sportler identifizierte. Viele Sportler wurden verhaftet und misshandelt, einige werden bis heute unnachgiebig verfolgt.

Derzeit sitzen in Bahrain mindestens acht Journalisten sowie fünf Blogger und Online-Aktivisten wegen ihrer journalistischen Arbeit im Gefängnis. Besonders häufig werden Fotojournalisten und Kameraleute, die über „illegale“ Demonstrationen berichten, Opfer von Einschüchterung, willkürlichen Festnahmen und dubiosen Anklagen.

Terroranklagen und lange Haftstrafen für Journalisten

Zu den jüngsten Opfern der Verfolgung gehört Mahmud al-Dschasiri, Parlamentskorrespondent der unabhängigen bahrainischen Zeitung Al-Wasat. Er ist seit einer Razzia in seiner Wohnung am 28. Dezember in Haft; die Behörden beschuldigen ihn der Unterstützung terroristischer, von der Hisbollah und den iranischen Revolutionswächtern finanzierter Aktivitäten. In seinem letzten Artikel hatte der Journalist einen Tag vor seiner Verhaftung über einen kontroversen Gesetzentwurf berichtet, der es beim Entzug der bahrainischen Staatsbürgerschaft ermöglichen soll, die Wohnungen der betroffenen Familien zu konfiszieren. Bei einer Verurteilung droht Dschasiri eine lebenslange Haftstrafe.

Im Staatsfernsehen wurde dem Journalisten außerdem vorgeworfen, er strebe nach dem Sturz der Regierung, habe Kontakte mit einem fremden Land und unterstütze die ungenehmigte Al-Wafaa-Bewegung sowie die Koalition des 14. Februar, die seit 2011 friedliche Demonstrationen unterstützt. Aus Kreisen seiner Zeitung heißt es dagegen, seit seinem Eintritt in die Redaktion 2012 habe Dschasiri keiner politischen Bewegung angehört.

Ende November verurteilte ein bahrainisches Strafgericht den freien Fotograf Sajed Ahmed al-Musawi wegen Terrorismusvorwürfen zu zehn Jahren Haft und entzog ihm seine Staatsbürgerschaft. Die Staatsanwaltschaft warf Musawi vor, er habe „terroristischen“ Demonstranten SIM-Karten für Handys zur Verfügung gestellt und Fotos von Protesten gegen die Regierung gemacht. Der Entzug der Staatsbürgerschaft ist mittlerweile eine gängige Strafe der bahrainischen Behörden etwa für Oppositionelle, Ärzte und Journalisten.

Minderjährige Bürgerjournalisten in Haft

Ebenfalls zu zehn Jahren Haft wurde schon 2014 der international renommierte Fotograf Ahmed Humaidan verurteilt – wegen angeblicher Beteiligung an einem Angriff auf eine Polizeiwache. Humaidan hatte die Protestbewegung immer wieder fotografisch dokumentiert.

Unter den weiteren Inhaftierten ist der Schüler Firas al-Saffar, der 2014 im Alter von 15 Jahren auf dem Weg zur Schule verhaftet wurde, weil er ungenehmigte Demonstrationen gefilmt habe. Hussam Surur war laut dem Bahrain Center for Human Rights bei seiner Verhaftung im Herbst 2014 erst 17 Jahre alt. Er hatte Proteste und Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und verbüßt eine zehnjährige Haftstrafe, weil er einen Beamten angegriffen, an Demonstrationen teilgenommen und entflammbare Materialien besessen habe.

Bahrain hat sich auch einen unrühmlichen Namen damit gemacht, unliebsame Menschenrechtler und Journalisten mit Überwachungstechnologie westlicher Firmen wie FinFisher auszuforschen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Bahrain auf Platz 163 von 180 Staaten.



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