Kolumbien 14.08.2014

Erschütterung über Mord an Radiojournalist

Kolumbianische Sicherheitskräfte eskortieren den verhafteten Jacinto Nicolas Fuentes German, alias 'Don Leo', einen der führenden Kräfte der paramilitärischen Gruppierung Los Urabeños. © dpa

Reporter ohne Grenzen (ROG) ist erschüttert über die Ermordung des kolumbianischen Radiojournalisten Luis Carlos Cervantes. Während in der kubanischen Hauptstadt Havanna an diesem Dienstag die Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und der Rebellengruppe FARC wiederaufgenommen wurden, erschossen Unbekannte in der kolumbianischen Stadt Tarazá den Chefredakteur des Radiosenders Morena. Erst vor zwei Wochen war Cervantes der Polizeischutz entzogen worden, unter dem er seit 2012 gestanden hat.

„Wir fordern die Behörden in Kolumbien dazu auf, die Umstände der Ermordung von Cervantes nun umgehend zu untersuchen“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Es darf nicht sein, dass sich dieser Mord in die lange Liste der Verbrechen gegen Journalisten in Kolumbien einreiht, die niemals bestraft werden. Auch bei den jetzigen Friedensgesprächen darf das Thema Straflosigkeit bei Journalistenmorden nicht ausgeklammert werden.“

Cervantes zählte zu einem der am meisten bedrohten Journalisten in der Region Antioquia
im Nordwesten des Landes. In den zurückliegenden Jahren musste er bereits mehrfach seinen Wohnort aufgrund der Drohungen vorübergehend verlassen. Am Dienstag erschossen drei Männer den Dreißigjährigen, als er auf einem Motorrad fuhr. Seine Kollegen mutmaßen, dass der Mord möglicherweise von „Los Urabeños“ begangen wurde, einem Ableger der kolumbianischen Paramilitärs. Cervantes hat viel über Fälle von Korruption innerhalb der Stadtverwaltung von Antioquia geschrieben. Mehrmals deckte er Verbindungen zwischen städtischen Beamten und der organisierten Kriminalität auf.

Wegen massiver Drohungen wurde Cervantes im Juni 2012 ein Polizeibeamter der Nationalen Schutzeinheit UNP zur Seite gestellt. Aufgabe der UNP ist es, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Anwälte in Kolumbien, die wegen ihrer Arbeit bedroht werden, zu beschützen. Vor zwei Wochen entschied die UNP jedoch, Cervantes sei nicht mehr akut bedroht und zog den Polizeischutz ab. Cervantes hatte zuvor ausdrücklich erklärt, noch am 21. Juli eine erneute Todesdrohung erhalten zu haben.

Nach Angaben der kolumbianischen NGO Press Freedom Foundation (FLIP) wurden von 1977 bis 2012 insgesamt 140 Journalisten ermordet. Wegen der 20-jährigen Verjährungsfrist in Kolumbien werden 62 dieser Fälle für immer ungesühnt bleiben.

In der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Kolumbien auf Platz 126 von 180. ROG stuft die paramilitärische Gruppe Los Urabeños und ihren Anführer Darío Antonio Úsuga („Otoniel“) als „Feinde der Pressefreiheit“ ein.



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