China 26.06.2006

Neuer Gesetzesvorschlag verschärft Zensur in Krisenzeiten

Reporter ohne Grenzen verurteilt den chinesischen Gesetzesvorschlag zum Krisenmanagement, der die Zensur der Medienberichterstattung in Fällen von Naturkatastrophen, Epidemien und Industrieunfällen verschärfen soll. Der Gesetzesantrag, der am 24. Juni vom ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses behandelt wurde, sieht Strafen zwischen 5.000 und 10.000 Euro für Medien vor, die in Krisenfällen unautorisierte Informationen veröffentlichen.

"An einem Gesetz für Krisenfälle ist eigentlich nichts Schlechtes, in diesem Fall aber wird es zu einem Instrument der Zensur gemacht", kommentiert Reporter ohne Grenzen."Die Regierung sieht offensichtlich die Medien als Feinde im Kampf gegen Epidemien, Unfälle und Naturkatastrophen an. Wären jedoch die Medien während der SARS-Krise im Jahr 2003 frei gewesen, so hätten zweifellos Leben gerettet werden können."

Reporter ohne Grenzen fügt hinzu: "Der Gesetzesvorschlag versetzt die chinesischen Journalisten zurück in die Zeit der Zensur und Selbstzensur vor der SARS-Krise. Das ist ein Schock. Wir appellieren daher an die Nationalversammlung, dem Antrag, wie er derzeit vorliegt, nicht zuzustimmen."

Wie auf der Website Thebeijingnews.com berichtet wurde, riskieren Medien Strafen, wenn sie Berichte über "das Management oder die Entwicklung von Notfällen [ohne Zustimmung der Behörden] oder falsche Berichte veröffentlichen".

Die Gemeindebehörden hätten dem Gesetzesvorschlag zufolge in Krisenzeiten die Aufgabe, Nachrichten zu verbreiten und die Medien zu überwachen."Informationen über Notfälle" dürften sie nur veröffentlichen, wenn die Veröffentlichung "keine Auswirkungen auf ihr Krisenmanagement" hat.

"Dieses Gesetz wird die Journalisten entmutigen. Mehr und mehr Medien wollen wegen des allgemeinen Interesses über diese Themen berichten, aber der Staat will sie davon abhalten", so ein chinesischer Journalist eines internationalen Radiosenders.

Der offiziellen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge wurde der Gesetzestext, der das Management von Krisen und Unfällen verbessern soll, als Reaktion auf die SARS-Krise ausgearbeitet. Die Zensur durch die Öffentlichkeitsabteilung der Regierung (die frühere Propagandaabteilung) hatte die Bevölkerung während der SARS-Epidemie mehrere Monate lange über das wahre Ausmaß der Epidemie in Unklarheit gehalten.

Weitere Informationen:
Elke Schäfter
Fon +49-30-6158585 – Fax +49-30-6145649
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de

nach oben