Russland 08.10.2003

Russland braucht "Kultur der Menschenrechte"

Vielen russischen Bürgern werden weiterhin Rechte verwehrt / Meinungs- und Informationsfreiheit stark eingeschränkt / ai und RoG fordern von Putin und internationaler Staatengemeinschaft glaubhaftes und wirkungsvolles Eintreten für die Menschenrechte

Frankfurt, 8. Oktober 2003 - Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz anlässlich der Frankfurter Buchmesse haben amnesty international (ai) und Reporter ohne Grenzen (RoG) den russischen Präsidenten Putin aufgefordert, in seinem Land endlich für eine Kultur der Menschenrechte zu sorgen.

"Die russischen Bürger müssen an eine gerechtere Zukunft glauben können. Dazu gehört, dass Menschen vor Folter, unfairen Gerichtsverfahren, der Todesstrafe, ungesetzlichen Tötungen, willkürlichen Inhaftierungen und Diskriminierungen geschützt werden und dass im Fall von Rechtsverletzungen
die dafür zuständigen Institutionen ihre Aufgaben zuverlässig erfüllen. Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden und Opfer Entschädigung erhalten und rehabilitiert werden. Medien müssen überall in Russland frei und ungehindert arbeiten können, auch in Tschetschenien", betonten ai und RoG.

"Nicht die Wahlen in Tschetschenien - von russischen Menschenrechtsgruppen als Farce bezeichnet, die nicht einmal mehr von der OSZE beobachtet wurden - werden den Menschenrechtsschutz in Tschetschenien voranbringen, sondern ein Ende der Straflosigkeit. Solange die Bürgerinnen und Bürger Tschetscheniens nicht darauf vertrauen können, dass Vergewaltigung, Folter, "Verschwindenlassen" und Mord begangen von russischen Sicherheitskräften wirksam Einhalt geboten wird, wird es kein Vertrauen in eine gerechtere Zukunft geben. Die bewaffneten Gruppen, selbst für schlimme Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, werden weiteren Zulauf erhalten", sagte Peter Franck, ai-Russlandexperte.

"Von einer demokratischen Regierung erwarten wir eine offene Informationspolitik, die Meinungsvielfalt und unabhängige Berichterstattung zulässt. Was wir aber in Russland sehen, ist eine Politik, die die Instrumentalisierung der Medien und die Beschränkung der Informationsmöglichkeiten verfolgt", ergänzte Jürgen Döschner von RoG.

Insbesondere vor den im Dezember anstehenden Parlamentswahlen und der Anfang 2004 angesetzten Präsidentschaftswahlen befürchten ai und RoG weitere Einschränkungen in der politischen Berichterstattung. "Die Kluft, die es in Russland zwischen Recht und Realität gibt, muss überwunden werden. Nur wenn Journalisten und alle anderen Bevölkerungsgruppen Schutz und Sicherheit im eigenen Land erfahren, kann in Russland eine Kultur der Menschenrechte entstehen. Menschenrechte gehören daher nicht nur auf die Agenda des deutsch-russischen Kulturdialogs, Deutschland und die anderen
EU-Staaten haben auch auf dem EU-Russlandgipfel im November erneut die Gelegenheit, ein klares Wort zur Menschenrechtslage in Russland zu sprechen", sagten ai und RoG.

Messestand amnesty international: Halle 3.1, H 119
Messestand Reporter ohne Grenzen: Halle 6.1, E 927

 

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