Palästinensische Gebiete 21.03.2024

So unterstützt RSF Medien in Gaza

Palästinensische Journalistinnen und Journalisten protestieren gegen das Vorgehen der israelischen Armee gegen Medienschaffende in Gaza. © Ali Hamad | APA Images via ZUMA Press Wire

Luftangriffe, blockierte Handy- und Internetverbindungen, Angst um Angehörige und auch um sich selbst: Journalistinnen und Reporter im Gazastreifen haben mit massiven Problemen zu kämpfen, oft unter Lebensgefahr. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat seit Kriegsbeginn Medienschaffende vor Ort mit Arbeitsmaterial wie Laptops, Handys oder elektronischen Sim-Karten, Dingen des täglichen Bedarfs sowie zum Arbeiten ausgestatteten Zelten versorgt. Besondere Unterstützung gilt dabei Journalistinnen. RSF arbeitet dafür mit der 2005 in Jordanien gegründeten, unabhängigen Organisation Arab Reporters for Investigative Journalism (ARIJ) zusammen.

„Mit der Hilfe von RSF ist es ARIJ gelungen, mehr als 90 Journalistinnen und Journalisten in Gaza zu unterstützen“, sagte ARIJ- Geschäftsführerin Hoda Osman. „Wir haben Medienschaffende, die fliehen mussten, mit Matratzen, Decken und auch Zelten versorgt und Bereiche eingerichtet, in denen sie gemeinsam arbeiten können. All das wäre ohne die Unterstützung von RSF nicht möglich gewesen.“

Seit Ende Oktober arbeiten RSF und ARIJ gemeinsam daran, den dringendsten Bedarf der Medienschaffenden zu bestimmen und zu decken. Viele von ihnen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen, häufig fehlen die nötigsten Mittel zum Überleben, geschweige denn zum Arbeiten. Für Medien gibt es kaum sichere Orte. Nach RSF-Informationen wurden im Gazastreifen seit Kriegsbeginn mehr als 100 Journalistinnen und Journalisten getötet, mindestens 22 von ihnen im direkten Zusammenhang mit ihrer Arbeit. Dutzende wurden verletzt. RSF prüft jeden einzelnen Fall. Zudem wurden etwa 50 Büros und Redaktionen durch die Bombardierungen zerstört.

„Vor allem palästinensische Journalistinnen und Journalisten sind unser Fenster nach Gaza“, sagt RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „Deshalb ist es wichtig, dass sie vor Ort weiterarbeiten können, so gut und so sicher es geht. Dazu müssen sich aber die Bedingungen ändern: Die Journalistinnen und Reporter brauchen verlässliche Schutzzonen und die Gewissheit, dass alle Parteien das humanitäre Völkerrecht achten, natürlich auch die Hamas. Wir fordern außerdem die Öffnung des von der israelischen Armee kontrollierten Grenzübergangs in Rafah, damit palästinensische Medienschaffende leichter hinaus und internationale Berichterstattende hineingelangen können.“

Ein „safe space“ für Frauen

Im November haben RSF und ARIJ im Süden des Gazastreifens ein Zelt aufgestellt, in dem jeweils sechs geflohene Journalistinnen unterkommen können. Der genaue Standort bleibt aus Sicherheitsgründen geheim. Zur Flucht gezwungene Journalistinnen sehen sich oft mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert, es fehlt an Privatsphäre und Sicherheit.

Arbeitsbereiche und Materialien

Zudem haben RSF und ARIJ zwei Zelte aufstellen lassen, die allen Journalistinnen und Journalisten offenstehen, die einen Platz zum Arbeiten brauchen. Die Zelte sind mit Strom, Internet, Solarbatterien und Arbeitsmöbeln ausgestattet. Jedes bietet Platz für etwa 20 Menschen.

Viele Medienschaffende haben ihre Ausrüstung verloren oder sie wurde bei Luftangriffen oder während der Flucht beschädigt. RSF und ARIJ haben die Betroffenen mit Handys, Laptops, Akkus, digitale SIM-Karten (eSIMs) und Kameras unterstützt.

Dinge des alltäglichen Bedarfs

Die beiden Organisationen versorgen Journalistinnen und Journalisten, die aus ihrer gewohnten Umgebung fliehen mussten, auch mit lebenswichtigen Dingen, etwa Lebensmitteln, Winterkleidung und Unterwäsche, Matratzen und Decken sowie Zelten.

Neues Zentrum für Pressefreiheit in Beirut

RSF hat zudem am 21. März in Beirut ein Zentrum für Pressefreiheit eröffnet. Nach dem Vorbild der beiden Zentren in der Ukraine können Medienschaffende dort arbeiten, sich in physischer und digitaler Sicherheit schulen lassen, psychologische und juristische Hilfe bekommen sowie Schutzausrüstung und Erste-Hilfe-Sets ausleihen.

Für das neue Zentrum weitet RSF die seit Jahren bestehende Zusammenarbeit mit der libanesischen Samir Kassir Foundation aus, einer Stiftung, die sich für Medienfreiheit im Libanon und der gesamten arabischen Welt einsetzt. Zudem arbeitet RSF auch hier mit ARIJ zusammen. Ein weiterer Partner ist Filastiniyat, eine Organisation aus Ramallah, die sich vorrangig an Journalistinnen richtet.

In der aktuellen Situation im Gazastreifen Hilfe zu leisten, ist eine herausfordernde Aufgabe. Um die Arbeit von RSF und ARIJ für den Schutz und die Sicherheit der Medienschaffenden zu unterstützen, hat RSF eine Spendenseite eingerichtet.

Seit dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober und dem Beginn der israelischen Bombardierung des Gazastreifens sind nach RSF-Recherchen 26 Medienschaffende getötet worden, 22 im Gazastreifen, drei im Libanon und einer in Israel. In diesen Fällen konnte RSF mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass ihr Tod direkt mit ihrer journalistischen Arbeit zusammenhing. RSF kommuniziert deshalb vorrangig diese Zahl. Insgesamt sind 107 Medienschaffende getötet worden, 100 im Gazastreifen, vier in Israel und drei im Libanon. Zu all diesen Fällen recherchiert RSF weiter.

RSF hat am 31. Oktober beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) Strafanzeige eingereicht, damit dieser mögliche Kriegsverbrechen gegen Medienschaffende im Gazastreifen und Israel untersucht. Eine zweite Strafanzeige reichte RSF am 22. Dezember ein. Mittlerweile hat der IStGH mitgeteilt, dass er aufgrund der RSF-Strafanzeigen auch Verbrechen an Journalistinnen und Journalisten in seine Ermittlungen mit aufnimmt.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit liegen die palästinensischen Gebiete auf Platz 156 von 180.



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