Russland 03.04.2023

US-Reporter muss Anwalt sehen dürfen

Der Journalist mit Rucksack und Basecap, im Hintergrund sind Wasser sowie einige kleinere Boote zu sehen.
Evan Gershkovich © DIMITAR DILKOFF / AFP

Der in Russland gefangen genommene Journalist Evan Gershkovich darf auch mehrere Tage nach seiner Festnahme nicht mit seinem Anwalt sprechen. Die Behörden hatten den US-amerikanischen Reporter des Wall Street Journal am vergangenen Mittwoch unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen. Sie haben seither keinerlei Hinweise vorgelegt, die diese Behauptung bestätigen könnten. Dem Journalisten drohen 20 Jahre Haft.

„Die Verhaftung von Evan Gershkovich kommt einer staatlichen Geiselnahme gleich“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die russischen Behörden treten die Rechte eines ausländischen Reporters in jeder Hinsicht mit Füßen, sie müssen Gershkovich schnellstmöglich den Kontakt mit seinem Anwalt ermöglichen.“

Gershkovich war am 29. März im westsibirischen Jekaterinburg festgenommen worden. Zuvor hatte er Angaben eines Kollegen zufolge die Industriestadt Nischni Tagil besucht. Im dortigen Rüstungsbetrieb werden seit Sowjetzeiten im Auftrag des Verteidigungsministeriums Panzer hergestellt. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB warf Gershkovich daraufhin vor, Informationen über einen Betrieb des „militärisch-industriellen Komplexes“ zu sammeln, die als Staatsgeheimnis gelten. Nach Angaben eines lokalen Kollegen, der Gershkovich in Jekaterinburg begleitet hatte, recherchierte dieser zur Rolle der Wagner-Gruppe im Krieg in der Ukraine.

Gershkovich wurde nach Moskau überführt und ins berüchtigte Lefortowo-Gefängnis gebracht. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ordnete ein Gericht am Freitag an, Gershkovic müsse vorerst bis zum 29. Mai in Untersuchungshaft bleiben. Weder sein Anwalt Daniil Berman noch Medienschaffende hatten Zugang zur Sitzung des Gerichts – eine grobe Verletzung internationaler Menschenrechte.

Evan Gershkovich ist der erste in Russland akkreditierte Journalist aus den USA, der seit dem Ende des Kalten Krieges wegen Spionage festgenommen wurde. Es wird vermutet, er könne als Druckmittel bei Verhandlungen über die Freilassung russischer Spione im Rahmen eines Gefangenenaustauschs eingesetzt werden.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 155 von 180 Staaten.



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