China 07.03.2023

Regime schränkt Korrespondenten weiter ein

Chinesische Polizisten entfernen Journalisten von einer Straße vor dem Mittleren Volksgerichtshof. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ng Han Guan

Überwachung, schleppende Visavergabe, Behinderungen durch die Polizei, Einschüchterung der Interviewpartner: Korrespondentinnen und Korrespondenten in China recherchieren unter schwierigsten Bedingungen. Das Regime hat 2022 insbesondere strikte Covid-Maßnahmen als Vorwand genutzt, um ihre Arbeit weiter einzuschränken. Das zeigt der Anfang März erschienene Bericht des Clubs der Auslandskorrespondenten in China (FCCC). Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt die zahlreichen Versuche Pekings, kritische Berichterstattung zu verhindern.

„Damit die Welt China verstehen kann, ist es unerlässlich, dass auch Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten vor Ort sind. Die internationale Gemeinschaft darf nicht zulassen, dass die Regierung die einzige Informationsquelle im Land wird. Demokratien sollten weiterhin Druck auf das Regime in Peking ausüben, damit die rücksichtslosen Schikanen gegen Korrespondentinnen und Korrespondenten und ihre Quellen aufhören“, sagte RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger.

Der jährlich erscheinende Bericht basiert auf einer Umfrage unter Mitgliedern des FCCC, an der 102 Journalistinnen und Journalisten von Medien aus 30 Ländern teilgenommen haben. Verschärfte Covid-Kontrollen haben ihre Recherchen immer wieder eingeschränkt oder verhindert. „2022 war bei weitem das schwierigste Jahr, das wir in Bezug auf die Berichterstattung aus China erlebt haben“, sagt Jonathan Cheng, Leiter des China-Büros des Wall Street Journal. Obwohl ein weiterer Korrespondent eingestellt wurde, habe das Team im gesamten Jahr nur eine Recherche-Reise außerhalb Pekings machen können.

Behörden setzen Visa weiter als Druckmittel ein

Schikanen bei der Visavergabe bleiben das wichtigste Instrument des chinesischen Regimes, um ausländische Journalistinnen und Journalisten einzuschränken: Mehr als die Hälfte der befragten Medien (56 Prozent) hat 2022 keine Visa für ihre Mitarbeitenden erhalten. Auch die Überwachung bleibt gängige Praxis. Rund 57 Prozent der befragten ausländischen Journalistinnen und Journalisten gaben an, während ihrer Berichterstattung sichtbar verfolgt worden zu sein. Stephen McDonell, Reporter der BBC, berichtet etwa von „Wagenladungen von Beamten“, die Medienschaffende verfolgen, sobald diese außerhalb Pekings berichten wollen. „Sie belästigen nicht nur Journalisten, sondern schüchtern auch diejenigen ein, die wir interviewen wollen, und üben Druck auf sie aus.“  

Auch die digitale Überwachung schränkt Korrespondentinnen und Korrespondenten ein. Mit fast 85 Prozent befürchtet eine große Mehrheit der Befragten, dass ihre Kommunikation auf WeChat überwacht wird. Ein Drittel (36 Prozent) befürchtet, dass versucht wurde, ihre Internetkonten zu hacken, etwa weil der jeweiligen Anbieter sie über versuchte Anmeldungen informiert hat oder sie SMS mit Anmeldebestätigungscodes bekommen haben, die sie nicht selber angefordert haben. Auch der Zugang zu chinesischen Quellen wird immer schwieriger: Mehr als zwei Drittel (78 Prozent) berichten von potenziellen Gesprächspartnern, die nicht mit ausländischen Medien sprechen durften oder sich vorher eine Genehmigung einholen mussten.

Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten haben es in China schon immer schwer gehabt, vor allem wenn sie über Politik oder Menschenrechtsfragen berichten. In den 1990er und 2000er Jahren genossen sie und ihre chinesischen Kolleginnen und Kollegen jedoch eine gewisse Recherchefreiheit und hatten Zugang zu wichtigen Informationsquellen. Für die Behörden war dies ein notwendiges Übel: Auch wenn sie manchmal unliebsame Informationen enthielten, erfüllten die Artikel die wichtige Aufgabe, die Welt über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Chinas zu informieren und damit Investoren und Geschäftspartner anzulocken. Zwei Jahrzehnte später hat sich die Situation deutlich verändert. In den Augen des Regimes sind Korrespondentinnen und Korrespondenten inzwischen unerwünschte Zeugen.

Seit Präsident Xi Jinping an die Macht kam, hat die Kommunistische Partei Chinas ihre Kontrolle über Journalistinnen und Journalisten drastisch verschärft. In dem ausführlichen Bericht „Journalismus in China: Der große Sprung zurück“ beschreibt RSF das Ausmaß der Unterdrückung von Journalismus und Informationsfreiheit im Land und untersucht die verschiedenen Instrumente, mit denen das Regime arbeitet.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 175 von 180 Staaten. Mehr als 100 Journalistinnen und Journalisten sitzen dort wegen ihrer Arbeit im Gefängnis.



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