Gerechtigkeit für Jamal Khashoggi

Der saudi-arabische Exil-Journalist Jamal Khashoggi wurde am 2. Oktober 2018 im Konsulat seines Heimatlandes im türkischen Istanbul ermordet. Reporter ohne Grenzen setzt sich seitdem intensiv dafür ein, dieses Verbrechen transparent und umfassend zu untersuchen. Denn viele inzwischen bekanntgewordene Einzelheiten deuten auf eine politische, womöglich von höchster Stelle angeordnete Tat hin.

Saudi-Arabien hat nach anfänglichem Leugnen offiziell eingeräumt, dass das Verbrechen von Mitarbeitern saudi-arabischer Stellen begangen wurde, spricht aber von einer eigenmächtigen Aktion der unmittelbar Beteiligten. Die UN- Sonderberichterstatterin zu außergerichtlichen Hinrichtungen befand dagegen nach einer eingehenden Untersuchung, dass es hinreichende Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungen zur Verwicklung der saudi-arabischen Führung in die Tat gebe.

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Strafanzeige in Deutschland

Damit die mutmaßlich Hauptverantwortlichen für den Mord an Jamal Khashoggi endlich konkrete Folgen zu spüren bekommen, hat RSF am 1. März 2021 beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman und weitere Vertreter des Königreichs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstattet. Die Anzeige beruft sich auf das Weltrechtsprinzip gemäß dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch und bezieht sich neben dem Khashoggi-Mord auch auf die Fälle von 34 Medienschaffenden, die in Saudi-Arabien wegen ihrer journalistischen Tätigkeit willkürlich inhaftiert sind oder waren.

Schon 2019 war eine RSF-Delegation nach Saudi-Arabien gereist und hatte sich vor Ort bei Regierungsvertretern für umfassende Aufklärung sowie für die Freilassung inhaftierter Medienschaffender eingesetzt. Um diplomatischen Druck zu erreichen, führte RSF unter anderem zusammen mit Khashoggis Verlobter Hatice Cengiz politische Gespräche auch in Berlin. Auch während der G20-Präsidentschaft Saudi-Arabiens 2020 setzte sich RSF diplomatisch und öffentlich für Aufklärung und für Verbesserungen im Land ein.

Prozesse ohne rechtsstaatliche Standards

In Saudi-Arabien selbst wurden für die Tötung Jamal Khashoggis inzwischen acht Männer rechtskräftig zu sieben bis 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und entsprach in keiner Weise rechtsstaatlichen Anforderungen. Nicht einmal die Namen der Verurteilten wurden bekanntgegeben. Die Frage nach der politischen Verantwortung für den Mord blieb völlig ausgeklammert.

In Istanbul begann im Juli 2020 ein türkischer Strafprozess zu dem Verbrechen. Die Staatsanwaltschaft dort wirft mittlerweile 26 saudi-arabischen Staatsbürgern vor, direkt oder indirekt an der Tötung Khashoggis beteiligt gewesen zu sein. RSF beobachtet den Prozess intensiv, verspricht sich von ihm aber schon wegen der Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei keine umfassende Aufklärung. Einen Antrag von RSF auf Zulassung als Nebenklägerin wies das Gericht ab.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Saudi-Arabien (Stand: Anfang 2021) auf Platz 170.